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Berlin. Die Bundesregierung hat am gestrigen Mittwoch (17. Dezember) den Einsatz der Bundeswehr im Nordirak beschlossen. Bis zu 100 deutsche Soldaten sollen die „Sicherheitskräfte der Regierung der Region Kurdistan-Irak und der irakischen Streitkräfte“ für den Kampf gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ ausbilden. Der Deutsche Bundestag muss dem Mandat noch zustimmen. Dazu wird der Regierungsantrag voraussichtlich erstmals im Januar 2015 im Bundestagsplenum beraten. Der Einsatz soll bis zum 31. Januar 2016 befristet sein.

Die an dieser Irak-Mission beteiligten deutschen Kräfte werden bewaffnet sein. Laut Antrag der Bundesregierung sollen sie neben dem eigentlichen Ausbildungsauftrag auch Verbindungs-, Beratungs- und Unterstützungsaufgaben „gegenüber der irakischen Regierung, der Regierung der Region Kurdistan-Irak, den irakischen Streitkräften sowie den Sicherheitskräften der Regierung der Region Kurdistan-Irak und Hauptquartieren der multinationalen Partner im Rahmen der internationalen Allianz“ gegen die Terrorgruppierung „Islamischer Staat“ (IS) wahrnehmen.

Hinzu kommt die „beratende Unterstützung internationaler Partner in Ausbildungszentren im Raum Erbil und Nordirak“ sowie „zeitlich befristete Konsultations- und Koordinierungsaufgaben auch in anderen Regionen des Iraks“. „Bedarfsweise“ sollen die im Irak eingesetzten deutschen Soldaten außerdem die Lieferungen humanitärer Hilfsgüter und militärischer Ausrüstung in den Nordirak „koordinieren und durchführen“. Zusätzlich zu den Aufgaben der Ausbildungsunterstützung erwartet die Bundesregierung von dem deutschen Irak-Kontingent die „Durchführung von strategischem luftgestützten Verwundetentransport sowie Behandlung verwundeter kurdischer Sicherheitskräfte der Regierung der Region Kurdistan-Irak oder Angehöriger der irakischen Sicherheitskräfte in Deutschland“.

Militärische Gewalt darf zur „Eigensicherung“ angewandt werden

Für die an dieser Ausbildungsunterstützung beteiligten Kräfte der Bundeswehr sieht der Regierungsantrag folgende militärischen Fähigkeiten vor:
Führung und Führungsunterstützung;
Beratung und Ausbildung;
militärisches Nachrichtenwesen;
Eigensicherung und Schutz;
logistische, sanitätsdienstliche und sonstige Unterstützung;
strategischer Lufttransport;
strategischer luftgestützter Verwundetentransport.

Darüber hinaus sollen Kräfte zur Verwendung in den zur Führung der Unterstützungsmission gebildeten Stäben, Hauptquartieren und Verbindungselementen (einschließlich der Kräfte zur Unterstützung der Führungsfähigkeit und Lagebilderstellung) eingesetzt werden. Ihre Aufgaben müssen allerdings auf die reine Ausbildungsunterstützung beschränkt bleiben.

Das Einsatzgebiet der Ausbildungsunterstützung wird nach den Vorgaben der Bundesregierung „im Schwerpunkt den Raum Erbil/Raum der Region Kurdistan-Irak“ umfassen. In dem Regierungstext heißt es weiter: „Aufenthalte außerhalb der Region Kurdistan-Irak erfolgen im Einzelfall zu Konsultations- und Koordinierungszwecken auf dem Hoheitsgebiet des Iraks.“ Außerdem könne auch „eine begrenzte Anzahl deutscher Soldatinnen und Soldaten“ in Stäben der internationalen Allianz gegen den IS im Irak und in Kuwait eingesetzt werden, jedoch auch in diesen Fällen „ausschließlich für Aufgaben im Bereich Ausbildungsunterstützung“.

Die Anwendung militärischer Zwangsmaßnahmen ist zur Durchsetzung des auf Ausbildungsunterstützung begrenzten Auftrages für deutsche Einsatzkräfte nicht vorgesehen. Die Regierung zum Thema „Eigensicherung“: „Die eingesetzten Kräfte sind im Rahmen der Befehlslage zur Anwendung militärischer Gewalt zum Schutz von eigenem Personal und Material sowie dem Personal und Material von Partnernationen, die sich an der Ausbildungsunterstützung beteiligen, berechtigt. Das Recht zur individuellen und kollektiven Selbstverteidigung bleibt unberührt.“

Den Leidenden helfen und die Terrormiliz IS eindämmen

In ihrer Antragsbegründung erinnert die Bundesregierung noch einmal an den Schrecken der vergangenen Monate in Syrien und im Irak. Der Vorstoß der IS-Terrormiliz „hat die Lage im Irak und in der Region dramatisch verändert“. Bedroht sei das Leben von Millionen Menschen, die Stabilität des Iraks und der ganzen Region und nicht zuletzt – angesichts der Vielzahl ausländischer Kämpfer – auch Deutschlands und Europas Sicherheit. Es sei Deutschlands humanitäre Verantwortung und liege im sicherheitspolitischen Interesse unseres Landes, den Leidenden zu helfen und den IS einzudämmen. Die Unterstützungsleistungen der Bundesregierung würden zur Linderung der unmittelbaren humanitären Notlage und zur Stabilisierung der Lage im Norden des Iraks beitragen.

Die verfassungs- und völkerrechtliche Grundlage ihres Antrages definiert die Regierung folgendermaßen: „Die deutschen Streitkräfte handeln im Rahmen eines Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit im Sinne des Artikels 24 Absatz 2 des Grundgesetzes. Sie handeln bei ihrem Einsatz als Teil der internationalen Anstrengungen im Kampf gegen die Terrororganisation IS […] von der nach Feststellung des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen eine Bedrohung für Weltfrieden und internationale Sicherheit ausgeht […] Die internationale Gemeinschaft leistet damit der Aufforderung des Sicherheitsrats Folge, die irakische Regierung im Kampf gegen den IS zu unterstützen.“

Die Ausbildungsunterstützung werde zudem „auf Bitten und im Einverständnis“ mit der irakischen Regierung und der Regierung der Region Kurdistan-Irak geleistet. Der irakische Außenminister habe mit einem Schreiben an den Generalsekretär der Vereinten Nationen im Juni dieses Jahres alle Mitgliedstaaten um Unterstützung im Kampf gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ auch im Wege militärischer Ausbildung gebeten. „Der Einsatz zur Ausbildungsunterstützung ist daher völkerrechtsgemäß, ohne dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen einen Eingriff in die Hoheitsrechte des Iraks autorisieren müsste“, so die Argumente der Bundesregierung.

Die einsatzbedingten Zusatzausgaben für die Beteiligung der Bundeswehr an dieser Mission im Norden des Iraks bis zum 31. Januar 2016 werden nach Regierungsangaben etwa 33,2 Millionen Euro betragen und aus dem Verteidigungsetat bestritten. Auf das Haushaltsjahr 2015 entfallen davon rund 30,4 Millionen Euro, auf das Haushaltsjahr 2016 rund 2,8 Millionen Euro.

Kein Kampfauftrag – es geht um Hilfe zur Selbsthilfe

Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestages und künftige Wehrbeauftragte, Hans-Peter Bartels, hat rechtliche Bedenken bezüglich des geplanten Ausbildungseinsatzes der Bundeswehr im Nordirak zurückgewiesen.

So hält beispielsweise Gregor Gysi, Fraktionsvorsitzender der Linksfraktion im Bundestag, den geplanten Irakeinsatz für verfassungswidrig. Die Regierung könne sich weder auf einen Beschluss der Vereinten Nationen noch einen der NATO berufen, sagte Gysi am 17. Dezember gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Seine Fraktion prüfe eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.

SPD-Politiker Bartels vertrat am gestrigen Mittwoch eine völlig andere Meinung. Er sagte im rbb-Inforadio, Grundlage für die von der Bundesregierung angestrebte Irak-Mission der Bundeswehr sei Artikel 24 des Grundgesetzes, der Beiträge Deutschlands zur Erhaltung des Weltfriedens ermögliche. „Der Antrag für den Bundestag bezieht sich zudem auf die Bitte des Iraks an den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, dass die Weltgemeinschaft helfen möge, und auf die Aufforderung des Sicherheitsrates an die Mitgliednationen, dass sie Beiträge zur Hilfe leisten.“ Dieser Antrag werde in der ersten Sitzungswoche im Januar in den Bundestag eingebracht und Ende Januar dort beschlossen, so Bartels im Interview mit dem Rundfunk Berlin-Brandenburg weiter. „Die Mission kann dann unmittelbar Ende Januar starten.“

Auch inhaltliche Kritik an dem Einsatz wies der Verteidigungsexperte zurück. Es handele sich nicht um einen Kampfeinsatz: „Es ist nicht der Auftrag, die Stabilität im Irak mit eigenen Truppen herzustellen […]. Wir wollen uns hier nicht in dem Umfang engagieren, wie das in der Vergangenheit auch die Amerikaner im Irak getan haben.“ Vielmehr gehe es um Hilfe zur Selbsthilfe. Der Sozialdemokrat erklärte: „Wenn wir helfen können, dass andere sich selbst verteidigen können, dann sollen wir das an dieser Stelle auch tun.“


Video-Hinweis: Angesichts der anhaltenden Gewalt durch die Terrormiliz „Islamischer Staat“ beschloss die Bundesregierung am 17. Dezember 2014 eine Ausbildungsmission für Nordirak. Das Video des YouTube-Kanals des Auswärtigen Amtes zeigt Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen unmittelbar nach der Kabinettssitzung bei ihrem gemeinsamen Pressestatement.
(Video: AuswaertigesAmtDE)

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Unsere beiden Bilder zeigen die Einweisung kurdischer Peschmerga am G3-Sturmgewehr durch deutsche Ausbilder. Die Aufnahmen entstanden im Oktober 2014 auf einer Schießbahn nahe der nordirakischen Stadt Erbil.
(Fotos: Sebastian Wilke/Bundeswehr)


Kommentare

  1. black | 19. Dezember 2014 um 19:23 Uhr

    was verstehen die nicht unter BUNDES WEHR ? Der Name sagt doch alles, der Einsatz im Ausland ist nichts anderes als ein Beiweis für eine völlig entartete Regierung.

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