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Berlin. Der Bundestag hat am heutigen Freitag (23. Juni) den Antrag der Bundesregierung zur „Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der ,United Nations Interim Force in Lebanon‘ (UNIFIL)“ angenommen. Nach namentlicher Abstimmung hat das Parlament mit 470 Ja-Stimmen gegen 76 Nein-Stimmen bei einer Enthaltung der Fortsetzung zugestimmt (es wurden 189 Stimmen als „nicht abgegeben“ registriert). Der Auswärtige Ausschuss hatte zuvor eine Beschlussempfehlung vorgelegt, der Haushaltsausschuss einen Bericht zur weiteren Finanzierbarkeit des Auslandseinsatzes abgegeben.

Die Bundeswehr beziehungsweise die Deutsche Marine soll sich nach dem Willen der Bundesregierung weiterhin an der UNIFIL-Mission vor der libanesischen Küste beteiligen (laut aktuellem Mandat nun „längstens bis zum 30. Juni 2024“) und dafür, wie bisher, bis zu maximal 300 Soldaten entsenden.

Zentrale Aufgabe des Einsatzes ist und bleibt die Sicherung der libanesischen Grenzen, um einen Zufluss von Rüstungsgütern und sonstigem Wehrmaterial in das Land zu unterbinden. Zu den Aufgaben der deutschen Kräfte gehören laut Mandat unter anderem:
seegestützte Aufklärung und Überwachung innerhalb des durch die Vereinten Nationen festgelegten Einsatzgebietes von UNIFIL;
auf Grundlage eines Ersuchens des Libanon an UNIFIL Beitrag zur Luftraumüberwachung über dem gesamten Libanon;
seewärtige Sicherung der libanesischen Küste und Küstengewässer;
Kontrolle des Seeverkehrs im festgelegten maritimen Einsatzgebiet inklusive Kontrolle der Ladung/Personen an Bord von Schiffen;
Umleitung von Schiffen im Verdachtsfall;
maritime Abriegelungsoperationen innerhalb des maritimen Einsatzgebietes;
technische Ausrüstungshilfe, militärische Beratung/Ausbildungshilfe für die libanesischen Streitkräfte sowie für die Vereinten Nationen.

Der Zerfall staatlicher Strukturen im Libanon schreitet voran

Die Beteiligung am UNIFIL-Flottenverband und der Fähigkeitsaufbau der libanesischen Marine seien aus Sicht der Bundesregierung Kernstück des deutschen Stabilisierungsbeitrages und sowohl im libanesischen als auch im israelischen Interesse, heißt es in dem Antrag. UNIFIL bleibe im fragilen sicherheitspolitischen Umfeld und der sich verschärfenden Staats- und Wirtschaftskrise des Libanon ein wesentliches stabilisierendes Element.

Die Bundesregierung weist in diesem Zusammenhang besorgt darauf hin: „Das politische Vakuum und der Zerfall der staatlichen Strukturen – inklusive der Sicherheitskräfte – haben im vergangenen Mandatszeitraum weiter zugenommen. Am 31. Oktober 2022 endete die Amtszeit des libanesischen Staatspräsidenten Michel Aoun ohne die Ernennung eines Nachfolgers. Seitdem verfügt der Libanon über keinen Präsidenten mehr. Dieses Vakuum leistet der anhaltenden politischen Paralyse weiter Vorschub. Auch wenn die geschäftsführende Regierung von Premierminister Najib Miqati weiterhin ihre Aufgaben wahrnimmt, ist eine substantielle politische und wirtschaftliche Kehrtwende mittelfristig nicht zu erwarten.“

Konflikt in Syrien und Flüchtlingskrise wirken sich destabilisierend aus

Weiter berichtet die Bundesregierung in ihrem Antrag, dass im vergangenen Mandatszeitraum es nach wie vor ein hohes Spannungsniveau an der sogenannten „Blauen Linie“ (der Demarkationslinie zwischen Libanon und Israel) gegeben habe. Wiederholt seien beispielsweise ungelenkte Raketen und Drohnen aus den von der islamistisch-schiitischen Hisbollah-Miliz de facto kontrollierten Gebieten im Süden des Libanon gegen Nord-Israel verschossen worden, zuletzt Anfang April dieses Jahres.

Am 14. Dezember 2022 sei es zudem südlich der Stadt Saida außerhalb des UNIFIL-Mandatsgebiets zu einem Angriff auf einen UNIFIL-Konvoi gekommen, bei dem ein irischer Blauhelmsoldat der Vereinten Nationen getötet worden sei. Drei weitere Peacekeeper seien verletzt worden.

Auch wirke der Konflikt in Syrien noch immer in den Libanon hinein. Dazu heißt es im Regierungsantrag: „Schätzungen zufolge leben im Libanon 1,5 Millionen syrische Geflüchtete. Libanon ist damit nach wie vor weltweit das Land mit der höchsten Flüchtlingsquote bezogen auf die Gesamtbevölkerung (6 Millionen). Die politische Instrumentalisierung der Geflüchteten hat weiter zugenommen. Der scharfe Ton und die zunehmende Skepsis der libanesischen Bevölkerung gegenüber dem Verbleib der Geflüchteten entwickeln sich zu einem weiteren destabilisierenden Faktor.“

Bisher mehr als 122.000 Schiffsabfragen vor der Küste durchgeführt

Zur „Rolle des militärischen Beitrages von UNIFIL“ erklärt die Bundesregierung: „Auf Ersuchen der libanesischen Regierung unterstützt UNIFIL bei der Sicherung der libanesischen Grenzen, um einen Zufluss von Rüstungsgütern und sonstigem Wehrmaterial in den Libanon zu verhindern. Seeseitig gewährleisten dies die Einheiten des UNIFIL-Flottenverbandes (Maritime Task Force) zusammen mit der libanesischen Marine.“

Seit Beginn der maritimen Komponente seien durch Einheiten von UNIFIL insgesamt rund 122.000 Schiffsabfragen durchgeführt worden, davon alleine 7246 Abfragen im Jahr 2022. Insgesamt habe man den libanesischen Streitkräften bislang mehr als 17.500 Fahrzeuge als „verdächtig“ melden können (1170 im Jahr 2022). Die Untersuchung dieser Schiffe obliege den Libanesen.

Weiter berichtet die Bundesregierung, dass im zurückliegenden Mandatszeitraum bereits zwei von drei Abschnitten im Küstenvorfeld in die Verantwortung der libanesischen Marine übergeben werden konnten. Die libanesische Marine erstelle dort nun mit ihrer Küstenradarorganisation eigenverantwortlich das Lagebild und identifiziere verdächtige Fahrzeuge. Die UNIFIL-Einheiten unterstützten dabei. Der dritte Abschnitt soll noch in diesem Jahr übergeben werden.

Führung der Maritime Task Force ab Juli erneut durch Deutschland?

Wie aus dem Regierungsantrag auch hervorgeht, wird Deutschland wahrscheinlich ab Juli 2023 für ein weiteres Jahr die Verbandsführung der maritimen UNIFIL-Komponente übernehmen. Darum hätten die Vereinten Nationen gebeten, so der Antragstext. Ein deutscher Flottillenadmiral solle den Verband von Land aus führen. Deutschland werde außerdem „voraussichtlich ab Ende August 2023“ wieder eine deutsche Korvette bei der Maritime Task Force stellen.

Die einsatzbedingten Zusatzausgaben für die Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an UNIFIL werden laut Regierungsantrag für den Zeitraum 1. Juli 2023 bis 30. Juni 2024 voraussichtlich insgesamt rund 31,6 Millionen Euro betragen. Bestritten wird dieser Posten aus dem Einzelplan 14 (Kapitel 1401 Titelgruppe 08). Hiervon entfallen auf das Haushaltsjahr 2023 rund 14,3 Millionen Euro und auf das Haushaltsjahr 2024 rund 17,3 Millionen Euro.


Zu unserem Symbolbild „UNIFIL-Einsatz“: Zwei Angehörige des deutschen Einsatzkontingents beobachten die Anfahrt des Minensuchbootes M1093 „Auerbach/Oberpfalz“. Die Aufnahme wurde am 9. Dezember 2010 nahe der libanesischen Küste gemacht. Mittlerweile ist M1093, ein Boot der „Ensdorf“-Klasse, nicht mehr im Dienst. Die offizielle Außerdienststellung der „Auerbach/Oberpfalz“ erfolgte am 17. Dezember 2015 im Marinestützpunkt Kiel.
(Foto: Andrea Bienert/Bundeswehr)


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