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Berlin. Die CDU-Bundestagsabgeordnete und frühere Bundesministerin für Bildung und Forschung (März 2018 bis Dezember 2021) Anja Karliczek erkundigte sich vor Kurzem nach den sogenannten „Nachnutzungsmaßnahmen“ ehemaliger Luftwaffenstützpunkte in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Auskunft erteilte am 29. November vergangenen Jahres die Parlamentarische Staatssekretärin bei der Bundesministerin der Verteidigung Siemtje Möller.

Karliczek (Wahlkreis Steinfurt III), die Mitglied des Umweltausschusses des Bundestages ist, wollte wissen: „Welche Pläne verfolgt die Bundesregierung bezüglich der Nutzung des ehemaligen Luftwaffenstützpunktes Hopsten, und plant sie auch für andere ehemalige Luftwaffenstützpunkte [in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen] ebenfalls spezifische Nachnutzungsmaßnahmen?“

In ihrer Antwort ging die Parlamentarische Staatssekretärin zunächst im Detail auf den ehemaligen NATO-Flugplatz Hopsten ein, der im Jahr 2006 an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) zurückgegeben worden war. Danach informierte sie über vier weitere Areale in BImA-Verwaltung.

Umweltschutzmaßnahmen und künftiges forensisches Therapiezentrum

Über Hopsten teilte Möller mit: „Der nördliche Teil des ehemaligen Flugplatzes sowie weitere angrenzende Bundesflächen mit einer Größe von insgesamt rund 195 Hektar wurden in das Nationale Naturerbe – kurz NNE – überführt. Naturerbe-Trägerin ist hier die Deutsche Bundesstiftung Umwelt, DBU. Der restliche Teil des Flugplatzes Hopsten war für Zwecke des Bundes entbehrlich und damit zu veräußern.“

Eine Teilfläche mit einer Größe von rund 6 Hektar sei im Jahr 2015 an das Land Nordrhein-Westfalen zur Errichtung einer Einrichtung für den Maßregelvollzug verkauft worden, so Möller weiter (Anm.: Hier im künftigen Therapiezentrum für Forensische Psychiatrie Münsterland, eine Klinik in Trägerschaft des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe, sollen einmal psychisch kranke Menschen im Maßregelvollzug untergebracht und behandelt werden).

Den südlichen Teil des ehemaligen Stützpunktes Hopsten mit einer Größe von etwa 120 Hektar erwarb 2019 die Stadt Hörstel. Die Staatssekretärin erklärte: „Damit ist der ehemalige NATO-Flugplatz in Hopsten vollständig verwertet.“

Ehemalige Stützpunkte in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen

In Nordrhein-Westfalen und Niedersachen befinden sich nach Auskunft Möllers noch vier weitere Bereiche, die von der Bundeswehr beziehungsweise davor in den Weltkriegsjahren von der damaligen Wehrmacht genutzt wurden (dies betrifft einen Stützpunkt), in der Verwaltung der Bonner Bundesanstalt.

Einzelheiten zu diesem Teil der Antwort der Vertreterin des Verteidigungsministeriums enthält unsere Infografik, die die vier Stützpunkte auflistet und die entsprechenden Nachnutzungsmaßnahmen nennt.


Kompakt                           

Die Geschichte des Fliegerhorstes Hopsten, der im nördlichen Nordrhein-Westfalen zwischen Hopsten und Dreierwalde im Tecklenburger Land liegt, reicht zurück bis in die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg, als er bereits als Feldflugplatz genutzt wurde. Mit dem Ausbau des fast 200 Hektar großen Areals wurde im Jahr 1938 begonnen, offizielle Indienststellung war am 25. Oktober 1939.

Während des Krieges waren hier verschiedene Einheiten stationiert – so beispielsweise eine Gruppe des Jagdgeschwaders 27 mit Messerschmitt-Jagdflugzeugen des Typs Bf 109 E-1 oder ab der zweiten Jahreshälfte 1944 im Rahmen der „Reichsverteidigung“ das Kampfgeschwader 51 „Edelweiß“ (Messerschmitt Me 262) und Teile des Kampfgeschwaders 76 (Arado Ar 234).

Am 6. April 1945 wurde der Fliegerhorst Hopsten kampflos den alliierten Truppen übergeben, den diese als Airfield B.112 bezeichneten. Die Briten gestatteten später der Bevölkerung, das Gelände landwirtschaftlich zu nutzen.

1959 beschloss das Bundesministerium der Verteidigung, hier eine neue Basis zu bauen. Diese entstand auf einem 306 Hektar großen Areal und wurde mit finanzieller Unterstützung der NATO nach den zur damaligen Zeit modernsten Standards errichtet.

Im April 1961 verlegte ein Vorauskommando des Jagdbombergeschwaders 31 aus Nörvenich nach Hopsten und begann mit den Vorbereitungen zur Indienststellung des Jagdbombergeschwaders 36. Das Geschwader wurde am 12. Dezember 1961 durch den damaligen Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Josef Kammhuber, mit über 50 Flugzeugen des Typs Republic F-84F „Thunderstreak“ in Dienst gestellt.

Am 2. Februar 1965 landete der erste Starfighter auf dem Fliegerhorst, mit dem das Jagdbombergeschwader in den weiteren beiden Jahren ausgestattet werden sollte. Zeitgleich wurden US-Soldaten im Rahmen der Doktrin der „Flexible-Response“ nach Hopsten verlegt, die im Verteidigungsfall die Starfighter mit taktischen Atomwaffen hätten beladen müssen.

Am 4. Februar 1975 landete die erste McDonnell F-4 „Phantom II“ des Jagdbombergeschwaders 36 in Hopsten. Ende Juli 1976 waren schließlich alle Starfighter durch die Phantom ersetzt worden.

Nach dem Fall der Berliner Mauer und der Wiedervereinigung im Jahr 1990 wurde der Verband in das reine Jagdgeschwader 72 umgewandelt, blieb aber auch weiterhin auf dem Fliegerhorst Hopsten stationiert.

Mit der Bekanntgabe der neuen Luftwaffenstruktur 5 war auch das Schicksal des Fliegerhorstes besiegelt – das Jagdgeschwader sollte aufgelöst werden. Am 7. Januar 2002 erfolgte der letzte QRA-Einsatz (QRA = Quick Reaction Alert/Alarmstart nach besonders kurzer Reaktionszeit).

Bis Mitte 2006 diente auf dem Fliegerhorst nur noch die ehemalige 2. Geschwaderstaffel als neu formiertes „Fluglehrzentrum F-4F“. Der letzte Flug fand allerdings bereits am 15. Dezember 2005 statt, als eine Phantom mit tiefschwarzer Sonderlackierung das Ende einer Ära symbolisierte. Die verbleibenden noch flugfähigen Maschinen wurden 2006 ausgeflogen.


Hintergrund                           

In Deutschland gibt es verschiedene geschützte Landschaften wie Nationalparks, Biosphärenreservate oder Naturschutzgebiete – einzigartige Naturräume, in denen viele bedrohte Arten einen Rückzugsraum finden. Seit einigen Jahren zählen zu diesen naturnahen Gebieten auch die insgesamt 156.000 Hektar umfassenden Flächen des sogenannten „Nationalen Naturerbes“. Dies sind ehemals militärisch genutzte Gebiete, Braunkohle-Folgelandschaften und Flächen entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze, bekannt als „Grünes Band“.

70 Flächen mit rund 69.000 Hektar in zehn Bundesländern wurden der DBU Naturerbe GmbH, einer Tochter der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), von der Bundesregierung überschrieben.

Zentraler Teil der Naturerbefläche des ehemaligen Luftwaffenstützpunktes Hopsten ist die ehemalige Rollbahn, die sich heute als offener Sandmagerrasen präsentiert. In einem Flyer der Stiftung heißt es außerdem: „Daneben finden sich magere Glatthaferwiesen – Lebensraum für zahlreiche Wiesen- und Feldvogelarten. Kleinflächiges Magergrünland und Sandtrockenrasen zwischen den westlich liegenden Forstflächen, Bunkern und Gebäuden bringen kleinräumige Vielfalt, die vom Baumpieper angenommen wird. Insgesamt haben sich auf dem früheren Militärgelände weitgehend unbeeinflusst durch Nährstoffeinträge aus landwirtschaftlicher Nutzung zahlreiche Pflanzen und Tiere nährstoffarmer Standorte angesiedelt. Das mit Gewässern optimierte Areal sowie das Grünland werden regelmäßig gemäht.“


Zu unserem Bildmaterial:
1. Teil des ehemaligen Flugplatzes Hopsten aus der Luftbildperspektive. Die Aufnahme zeigt das Gelände im Jahr 2014.
(Foto: Dietmar Rabich/Wikipedia/Wikimedia Commons/unter Lizenz CC BY-SA 4.0 –
vollständiger Lizenztext: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/)

2. Unsere Infografik nennt die vier weiteren Militärareale beziehungsweise Luftfahrtstützpunkte in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, die sich laut Bundesregierung ebenfalls noch in der Verwaltung der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben befinden. Das Hintergrundbild der Grafik entstand vor einigen Jahren an der damals noch sichtbaren Startbahn des Fliegerhorstes Hopsten, die in Nord-Süd-Richtung angelegt war und am Schluss eine Länge von etwa 3000 Metern hatte.
(Foto: Filmservice Münster.Land/Amt für Kommunikation Münster;
Infografik © Christian Dewitz/mediakompakt 01.23 unter Nutzung von gemeinfreien Bildmotiven aus dem Internet)

Kleines Beitragsbild: Zwischen der teilweise noch vorhandenen Infrastruktur des Früheren NATO-Flugplatzes Hopsten befinden sich Kiefern-, Birken- und Eichenbestände, in die unter anderem Sandtrockenrasenfragmente und Staudenfluren eingestreut sind. Die Aufnahme zeigt einen alten Flugzeugshelter, ein Relikt des Kalten Krieges.
(Foto: Biologische Station Kreis Steinfurt e.V.)


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