menu +

Nachrichten



Mannheim/Mainz. Die Zustimmung in Deutschland zur Teilnahme der Bundeswehr an internationalen Missionen ist hoch: 73 Prozent der Befragten finden eine Beteiligung richtig, nur 21 Prozent lehnen sie ab (sechs Prozent der Befragten haben dazu keine Meinung). Anders sieht es aus, wenn es um den Einsatz der Bundeswehr in Mali – hier vor allem im Rahmen der Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen MINUSMA (United Nations Multidimensional Integrated Stabilization Mission) – geht. Hier spricht sich lediglich eine Minderheit dafür aus, das Mali-Engagement bei MINUSMA fortzusetzen.

Die Umfrage wurde durch die Forschungsgruppe Wahlen e.V. durchgeführt. Hauptaufgabe des in Mannheim ansässigen Instituts für Wahlanalysen und Gesellschaftsbeobachtung ist die wissenschaftliche Beratung und Betreuung von Sendungen des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF). Dabei stehen „Meinungen zu aktuellen politischen und gesellschaftlichen Fragen“ im Mittelpunkt.

Wie die Befragung ergab, ist die Unterstützung für die Auslandseinsätze der Bundeswehr ein Jahr nach dem Abzug aus Afghanistan hoch, vor allem auch im Vergleich zum Dezember 2010. Damals gaben nur 58 Prozent der Befragten an, die Beteiligung an derartigen Einsätzen richtig zu finden, 39 Prozent waren gegen ein Auslandsengagement der deutschen Streitkräfte.

In diesem Jahr lehnen vor allem Anhänger der kleinen Oppositionsparteien im Bundestag die Beteiligung an militärischen Einsätzen eher ab: in der Anhängerschaft der AfD sind es 49 Prozent, bei der Linken 39 Prozent.

Die Zustimmung unterscheidet sich auch nach Ost und West: Im Westen kommen die Einsätze auf eine Zustimmungsquote von 76 Prozent, im Osten der Republik sind es dagegen 59 Prozent (was aber immer noch eine klare Mehrheit für die Entsendung der Bundeswehr in Auslandseinsätze darstellt).

Mehrheit wünscht eine Beendigung der Bundeswehr-Teilnahme an MINUSMA

Was den konkreten Bundeswehreinsatz in Mali angeht, zeigt sich allerdings ein anderes Bild: es überwiegt die Meinung, dass der Einsatz – die Rede ist von der Teilnahme deutscher Kräfte an MINUSMA – beendet werden sollte.

Beim Thema „Mali“ sprechen sich nur 28 Prozent der Befragten dafür aus, den Bundeswehreinsatz in dem westafrikanischen Land fortzusetzen. 35 Prozent sind für eine Beendigung des Einsatzes. 27 Prozent haben nach eigener Angabe von dem Mali-Einsatz noch nichts gehört. Zehn Prozent sind in der Frage einer Fortsetzung des Einsatzes unentschieden.

Betrachtet man nur die Antworten der Befragten, die vom Mali-Einsatz gehört haben, so liegt der Anteil derjenigen, die für ein Ende eintreten bei 48 Prozent, für eine Fortsetzung sprechen sich 38 Prozent aus, 14 Prozent sind unentschieden.

Aktuell sind 1325 Bundeswehrangehörige bei zwei Missionen in Mali im Einsatz

Seit 2013 sind Truppen der Vereinten Nationen und der Europäischen Union in Mali, um für Sicherheit und Stabilität zu sorgen und um malische Soldaten auszubilden. Die Bundeswehr engagiert sich in Mali bei zwei multinationalen Missionen: bei der Ausbildungs- und Beratungsmission der Europäischen Union (European Union Training Mission, EUTM) und – wie bereits beschrieben – bei MINUSMA. Wir berichteten in der Vergangenheit immer wieder über die beiden Einsätze der Bundeswehr in Mali – beispielsweise hier oder hier.

Aktuell (Stand 18. Juli) ist die Bundeswehr bei MINUSMA mit 1074 Soldaten vertreten (darunter 95 Frauen und 54 Reservisten), bei EUTM mit 251 Soldaten (darunter 19 Frauen und 14 Reservisten).

MINUSMA ist einer der gefährlichsten Einsätze der Vereinten Nationen weltweit – rund 280 „Blauhelme“ sind bereits ums Leben gekommen. Und das Ergebnis ist bislang ernüchternd: Statt Frieden gibt es einen endlosen und brutalen Guerillakrieg islamistischer Terrorgruppen. Militante Tuareg-Separatisten verhandeln seit 2015 ergebnislos über einen Friedensvertrag. Milizen, Schmugglerbanden und zunehmend ethnisch aufgeladene Konflikte um immer weniger fruchtbares Land bedrohen die Bevölkerung im Norden. Die Zahl der Vergewaltigungen und Morde steigt ständig. Immer mehr Schulen werden wegen der Kämpfe geschlossen.

Alle Vorzeichen deuten auf ein weiteres Desaster wie in Afghanistan hin

Mali ist nicht nur eines der ärmsten und am wenigsten entwickelten Länder der Welt, sondern vom Klimawandel auch noch besonders stark betroffen. Regen bleibt aus, die Wüste wächst, nomadisierende Hirten und sesshafte Bauern konkurrieren im Sahel um den restlichen fruchtbaren Boden. Die Vereinten Nationen befürchten eine humanitäre Katastrophe, mehr als sieben Millionen Menschen sind von Hunger bedroht. Die Regierung in Bamako ist seit Jahren so korrupt und instabil, dass die Bevölkerung regelmäßig protestiert. Innerhalb kürzester Zeit putschte das Militär gleich zwei Mal.

Wahlen wurden verschoben und eine russische Söldnergruppe, die Gruppe „Wagner“, ins Land geholt. Auch deshalb gilt das Verhältnis zur ehemaligen Kolonialmacht Frankreich als zerrüttet. Präsident Emmanuel Macron hat mittlerweile die Anti-Terror-Mission seines Landes in Mali beendet. Die Ausbildungsmission der EU wird bis auf weiteres ausgesetzt.

Was also bringt da noch der Einsatz der Bundeswehr? Eine Dokumentation des Investigativ-Journalisten Steffen Mayer hat das Dilemma, dem sich die Bundesregierung gegenübersieht, herausgearbeitet und ihre Strategie hinterfragt. Sein Beitrag „Bundeswehr-Einsatz in Mali – das nächste Desaster?“ ist demnächst im ZDF zu sehen.


Randnotiz                                  

„Bundeswehr-Einsatz in Mali – das nächste Desaster?“, Dokumentarfilm von Steffen Mayer.
Die Sendetermine:
Dienstag, 26. Juli 2022, (ab 20:15 Uhr) in ZDFinfo;
Mittwoch, 3. August 2022, (ab 0:55 Uhr) im ZDF.
In der Mediathek des ZDF ist der Beitrag bereits jetzt verfügbar. Alle Angaben ohne Gewähr.


Zu unserem Bildmaterial:
1. Truppenbesuch bei MINUSMA – Bundeswehrangehörige warten am 9. April 2022 im Camp Castor im westafrikanischen Gao auf die Ankunft von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht, die sich vor Ort ein Bild von der Lage machen will.
(Foto: Sebastian Wilke/Bundeswehr)

2. Infografik mit den zentralen Ergebnissen der Umfrage. Das Hintergrundfoto vom 29. Januar 2017 zeigt einen Bundeswehrsoldaten, der einen gerade gelandeten Großraumtransporter AN-124 auf dem Flugfeld des Flugplatzes von Bamako, der malischen Hauptstadt, bewacht. Das Flugzeug brachte Ausrüstung für den MINUSMA-Einsatz der Bundeswehr von Leipzig nach Mali.
(Foto: Sebastian Wilke/Bundeswehr; Infografik © Christian Dewitz/mediakompakt 07.22)

Kleines Beitragsbild: Bundeswehrsoldat in Mali vor einem Hubschrauber der Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen, MINUSMA.
(Foto: Marco Isack/ZDF)


Kommentieren

Bitte beantworten Sie die Frage. Dies ist ein Schutz der Seite vor ungewollten Spam-Beiträgen. Vielen Dank *

OBEN