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Berlin. Der Überfall Russlands auf das Nachbarland Ukraine – Putins Krieg – hat auch für die NATO und ihre Mitgliedsländer etliche grundlegende Fragen aufgeworfen. Der AfD-Parlamentarier Stefan Keuter, Mitglied des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, befasste sich vor Kurzem mit einer solchen zentralen Bündnisfrage. Er wollte von der Bundesregierung wissen, in welchem Umfang die Streitkräfte Großbritanniens und der Vereinigten Staaten vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges seit Januar 2022 Truppenteile nach Deutschland verlegt haben. Der Politiker erkundigte sich auch danach, „in welchem Umfang hierzu die Entwicklung neuer Standorte beziehungsweise Kasernen“ in Planung ist?

Die Parlamentarische Staatssekretärin bei der Bundesministerin der Verteidigung Siemtje Möller antwortete Keuter am 14. April. Sie erklärte: „Die Stationierung von Streitkräften alliierter Partner in Deutschland liegt im sicherheitspolitischen Interesse Deutschlands und ist Zeichen einer starken und entschlossenen NATO.“

Seit Januar 2022 hätten die USA temporär bislang rund 6000 Verstärkungskräfte nach Deutschland verlegt, so Möller. Eine Verlegung von Kräften der britischen Streitkräfte zu Zwecken der Stationierung in Deutschland sei der Bundesregierung nicht bekannt.

Darüber hinaus lägen der Bundesregierung „keine Informationen zu Planungen bezüglich neuer Standorte beziehungsweise Kasernen zur Nutzung durch die Streitkräfte verbündeter Partner“ vor.

USA derzeit mit mehr als 90.000 Soldaten in Europa präsent

Was hat sich in den vergangenen Wochen zum Thema „Verlegung alliierter Streitkräfte nach Deutschland“ getan? US-Präsident Joe Biden hatte am 24. Februar im Weißen Haus in Washington angekündigt, als Reaktion auf den russischen Einmarsch in die Ukraine tausende weitere Soldaten in die verbündeten NATO-Staaten in Europa entsenden zu wollen. Rund 7000 Kräfte seien dabei für Deutschland eingeplant. Er „genehmige die Entsendung zusätzlicher US-Streitkräfte nach Deutschland als Teil der NATO-Reaktion“, so Biden in seiner Erklärung. Es handle sich um Einheiten, die sich dafür bereits bereitgehalten hätten. Der Präsident betonte ausdrücklich: „Unsere Streitkräfte gehen nicht nach Europa, um in der Ukraine zu kämpfen, sondern um unsere NATO-Verbündeten zu verteidigen und die Verbündeten im Osten zu beruhigen.“

Das US-Militär hat nach eigenen Angaben momentan mehr als 90.000 Soldaten in Europa stationiert. Zuletzt hatte Biden wegen des Ukraine-Konflikts zusätzlich rund 5000 Kräfte aus den USA nach Osteuropa verlegen lassen. Tausende US-Soldaten waren Ende Januar in den Heimatstandorten auf Bidens Anordnung in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt worden.

Britischer Truppenabzug aus Deutschland endete im Jahr 2020

Die ehemaligen „British Forces Germany“ (BFG) – vor allem in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen – kehrten nach mehr als sieben Jahrzehnten Stationierung in Deutschland im Jahr 2020 endgültig in ihre Heimat zurück. Die meisten von den 60.000 britischen Armeeangehörigen, die in den 1980er-Jahren noch in Deutschland stationiert waren, waren bereits bis 2010 abgezogen worden.

Zuletzt waren noch rund 16.000 britische Soldaten in Deutschland stationiert. Bis zum Jahr 2015 verließen weitere 70 Prozent der verbliebenen britischen Soldaten Deutschland, bis Anfang 2020 waren es schließlich noch einmal 4300.

Nach Angaben des britischen Verteidigungsministeriums hat die Rückführung der britischen Truppen nach Großbritannien rund 2,1 Milliarden Euro gekostet. Der Großteil der Ausgaben floss in den Neubau von Unterkünften für die „Heimkehrer“.

„Global Britain“ will Logistik-Drehscheibe in Deutschland ausbauen

75 Jahre nach Kriegsende hatten 2020 alle britischen Kampftruppen Deutschland verlassen. Zurück blieben etwa 200 Soldaten in Paderborn-Sennelager, um dort den weiteren Betrieb des multinational genutzten Truppenübungsplatzes sicherzustellen. Die sich entwickelnde sicherheitspolitische Lage führte dazu, dass die Soldaten nicht ihr gesamtes Material mit nach Großbritannien zurücknahmen. BFG-Sprecher Mike Whitehurst sagte dazu gegenüber dem in Bielefeld erscheinenden Westfalen-Blatt: „Wir unterhalten seit einigen Jahren Logistikstützpunkte in Mönchengladbach und Sennelager.“ Dort würden Kampfpanzer, Haubitzen, Pionierfahrzeuge und alles andere vorgehalten, um zwei Kampfverbände ausrüsten zu können.

Die in Deutschland verbliebenen britischen Kräfte sind derzeit auf folgende Standorte verteilt: auf die „Normandy Barracks“ und die „Athlone Barracks“ in Paderborn, auf das Fahrzeugdepot in Mönchengladbach („Ayrshire Barracks“) und auf die Munitionslagerstätte in Wulfen, Stadt Dorsten („German Wulfen Defence Munitions Storage Facility“). In Minden befindet sich zudem ein Verband mit britischer Beteiligung: das Deutsch/Britische Pionierbrückenbataillon 130 (DEU/GBR PiBrBtl 130). Es war am 30. September 2021 aufgestellt worden (wir berichteten).

Dass in Folge des Ukraine-Krieges noch mehr Soldaten aus Großbritannien nach Deutschland zurückkehren könnten, deutete bereits am 26. November die Londoner Sunday Times an. Dem Blatt zufolge sollen die britischen Streitkräfte nun besonders nach dem Brexit noch stärker als bisher „als ‚Global Britain‘ – eine weltweit präsente Militärmacht – auftreten, unter anderem mit einer ,Global Response Force‘“. Zu diesem Zweck sollen im Rahmen der Streitkräfte-Umgestaltung „Future Soldier“ drei regionale Hubs (Logistik-Drehscheiben) ausgebaut werden: in Kenia, im Oman und in Deutschland der Standort Sennelager. Weiter schreibt die Sunday Times: „In einer Kehrtwende zum [2020 vollständig vollzogenen] Abzug werden Hunderte von Fahrzeugen – darunter auch Challenger 3- und Ajax-Panzer sowie gepanzerte Transportkraftfahrzeuge Boxer plus Drohnen – zurück nach Deutschland verlegt, um im Fall eines Konflikts mit Russland näher am Osten zu sein.“ In dem Beitrag ist außerdem „von 250 Soldaten“, die zusätzlich in Deutschland stationiert werden sollen, die Rede.

Am 14. Februar berichtete auch die Bielefelder Neue Westfälische, dass die Britische Armee offenbar die Rückkehr eines kleinen Truppenteils nach Gütersloh vorbereitet. Nach Informationen der Zeitung „sollen bald rund 300 Soldaten“ in der Kaserne an der Marienfelder Straße („Princess Royal Barracks“) stationiert werden. Armeesprecher Whitehurst sagte gegenüber dem Blatt: „Ja, Gütersloh ist eine Option.“ Allerdings müsse diese Möglichkeit zuvor noch genau geprüft werden.

Die Stadt Gütersloh und die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben haben inzwischen bestätigt, dass das britische Militär über eine Rückkehr nach Gütersloh nachdenkt und bereits entsprechende offizielle Anfragen gestellt hat.


Die Symbolaufnahme vom 8. März 2022 zeigt Verstärkungskräfte des V. US-Korps aus Fort Knox (Bundesstaat Kentucky) in den „Barton Barracks“ im mittelfränkischen Ansbach. Die Soldaten wurden nach Deutschland als Reaktion der USA auf die Invasion Russlands in die Ukraine verlegt.
(Foto: Dani Johnson/U.S. Army Garrison Ansbach)

Kleines Beitragsbild: US-Soldaten der 3. Infanteriedivision aus Fort Stewart (Bundesstaat Georgia) bei ihrer Ankunft am 1. März 2022 auf dem Flughafen Nürnberg. Das Kontingent verlegte danach weiter nach Grafenwöhr in der Oberpfalz.
(Foto: Destinee Rodriguez/U.S. Army)


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