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Berlin/Bonn. Der Krieg in der Ukraine und Wladimir Putins indirekte Drohung an den Westen, gegebenenfalls auch Atomwaffen einsetzen zu wollen, haben in vielen Bereichen zu einem Umdenken geführt (Bundeskanzler Olaf Scholz sprach am 27. Februar in seiner Regierungserklärung von einer „Zeitenwende“). Putins perfide Angstkampagne um einen denkbaren atomaren Schlagabtausch führt uns zwangsläufig auch zu der Frage, ob in Europa genügend Bunkeranlagen zum Schutz der Menschen existieren. Für Deutschland ist die Antwort beängstigend – hier gibt es kaum noch Bunker. Fast ein Viertel aller Bunker im Westen Deutschlands wurde in den vergangenen Jahren „rückabgewickelt“.

Deutschlands Bevölkerung kann im Verteidigungsfall nicht in öffentlichen Bunkern und Schutzräumen in Sicherheit gebracht werden. Denn es stehen wohl „in Deutschland [kaum mehr] öffentlichen Schutzräume zur Verfügung“. Diese Auskunft erteilte die in Bonn ansässige Bundesanstalt für Immobilienaufgaben der Tageszeitung DIE WELT, die darüber am 28. Februar berichtete.

Von ursprünglich 2000 öffentlichen Schutzraumanlagen in den westlichen Bundesländern seien bislang rund 1400 Anlagen rückabgewickelt worden, so die Auskunft der Bundesanstalt. Die Bunker im Ostteil Deutschlands seien nach der Wiedervereinigung von vornherein nicht in das Schutzraumkonzept des Bundes übernommen worden.

Unterhalt der früheren Schutzanlagen offenbar zu teuer

2007 hatte die Bundesregierung beschlossen, öffentliche Schutzräume aufzugeben und eine neue Strategie für den Schutz der Bevölkerung zu erarbeiten. Seither wurden die Bunker zurückgebaut und umgewidmet. Der Unterhalt der Anlagen sei zu teuer gewesen, erklärte der Behördensprecher gegenüber der WELT. Außerdem seien diese in Jahren gebaut worden, in denen davon ausgegangen worden sei, dass im Verteidigungsfall eine gewisse Reaktionszeit zur Verfügung stehen würde. „Eine solche Vorwarnzeit ist bei den heute anzunehmenden Bedrohungslagen nicht mehr gegeben“, zitierte die Zeitung den Sprecher weiter.

Seit 2021 ist die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben mit der Bewirtschaftung der Schutzräume und deren Entwidmung aus der Zivilschutzbindung beauftragt. Die Entwidmung sei bereits weit vorangeschritten, hieß es in Bonn.

Redaktioneller NACHBRENNER

Aktuelle Zahlen zum Schutzraum-Bestand in Deutschland veröffentlichte die Bundesregierung am heutigen Mittwoch (6. April). In Deutschland gibt es demnach momentan 599 öffentliche Schutzräume mit insgesamt 487.598 Schutzraumplätzen. Die meisten dieser Schutzräume hält Baden-Württemberg vor (220), gefolgt von Bayern (156). In Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen existieren laut Regierungsauskunft keine solchen Schutzräume.

Zugleich verweist die Bundesregierung in ihrer Antwort darauf, dass neben den aufgeführten öffentlichen Schutzräumen „auch viele U-Bahn-Stationen, Tiefgaragen sowie Kellerräume aufgrund der in Deutschland im Allgemeinen flächendeckend vorhandenen soliden Bausubstanz einen guten Grundschutz“ böten. Ehemalige Schutzräume in privater Hand wurden laut Regierung mit der Aufgabe des Schutzraumkonzepts im Jahr 2009 entwidmet und stehen damit nicht mehr als Schutzraum für eine Notfallplanung beziehungsweise Zivile Alarmplanung zur Verfügung.

Wie die Bundesregierung außerdem ausführte, verstärkt sie derzeit bereits vor dem Hintergrund des russischen Angriffs auf die Ukraine ihre Fähigkeiten zum Schutz der Bevölkerung. Im Rahmen der Gesamtverteidigung gelte es dabei, neben der militärischen auch die zivile Verteidigung stärker in den Blick zu nehmen. Auch im Zivilschutz müsse sie sich nun „den aktuellen Herausforderungen stellen“, schreibt die Regierung weiter. In diesem Kontext werde auch das aktuelle Rückbaukonzept für Schutzräume geprüft. Vorab werde sie gemeinsam mit den Ländern zeitnah eine Bestandsaufnahme des Zustands der vorhandenen Schutzräume von Bund und Ländern vornehmen.

Die Anfrage zum Themenkomplex „Schutzräume für die Zivilbevölkerung in Deutschland“ hatten die beiden AfD-Bundestagsabgeordneten Stephan Brandner und Martin Hess gestellt.


Unsere Symbolaufnahme „Schutzraum“ zeigt den Eingangsbereich eines Zivilschutzbunkers in der Schweiz. Nach Angaben des in Bern beheimateten Bundesamtes für Bevölkerungsschutz (BABS) gibt es aktuell in der Schweiz landesweit rund 365.000 Personenschutzräume, zudem etwa 1700 Schutzanlagen. Damit seien „heute in dieser Schutzinfrastruktur nur noch örtliche Lücken zu füllen“, schreibt das BABS.
(Foto: nr)


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