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Berlin. Als Reaktion auf den russischen Krieg in der Ukraine wollen die Grünen in der Regierungskoalition eine grundlegende Reform des Zivil- und Katastrophenschutzes in Deutschland durchsetzen. So sollen bundesweit deutlich mehr Schutzräume geschaffen werden. Diese seien in Deutschland kaum noch vorhanden, da sie mit dem Ende des Kalten Krieges zurückgebaut wurden, heißt es in einem 15-Punkte-Programm. Über die Initiative von Bündnis 90/Die Grünen berichtete der Berliner Tagesspiegel am heutigen Montag (25. April).

In dem Konzept, das der Bundesvorstand der Partei heute beschließen will, heißt es unter anderem: „Eine Möglichkeit besteht zum Beispiel darin, grundsätzlich geeignete Bauten wie U-Bahnhöfe, Tiefgaragen oder Keller in öffentlichen Gebäuden in Schutzkonzepte einzubeziehen.“ Dabei seien die Bedürfnisse „besonders vulnerabler Gruppen sowie Barrierefreiheit“ zu beachten. In Deutschland gibt es laut Bundesregierung derzeit 599 öffentliche Schutzräume mit insgesamt 487.598 Schutzraumplätzen (siehe auch unseren Beitrag vom 31. März 2022).

Insgesamt müsse die gesamte zivile Verteidigung verstärkt werden, so die Grünen weiter. Ihr Konzept führt aus: „Dazu gehört, dass umfangreiche Fähigkeiten zur Unterbringung und Versorgung von Menschen vorgehalten werden, ebenso wie der Ausbau von Notbrunnen zur Trinkwasserversorgung.“ Ferner müssten die aktuellen Vorratsvorschriften dringend reformiert werden – sie beschränkten sich bisher auf wenige Bereiche wie die Grundversorgung mit Lebensmitteln oder die Erdölbevorratung.

Hervorgehoben wird in dem Konzept zudem: „Bei geeigneter Schutzausrüstung, Medikamenten, medizinischem Material oder Technik braucht es in nationalen Krisen Vorhaltungen, auf die schnell zurückgegriffen werden kann.“ Ferner soll es im ganzen Land künftig wieder „regelmäßige, umfassende Katastrophenübungen“ geben.

Putins Krieg zwingt zur Rückbesinnung auf Kernaufgabe „Landesverteidigung“

Um Angriffen auf die kritische Infrastruktur in Deutschland vorzubeugen und um den Katastrophenschutz zu digitalisieren, soll nach den Vorstellungen von Bündnis 90/Die Grünen beim Technischen Hilfswerk (THW) ein „Cyber-Hilfswerk“ eingerichtet werden. Zu dessen Aufgaben könnten Hilfsleistungen beim Zusammenbruch wichtiger IT-Systeme gehören, der Aufbau von Behelfsstrukturen beim Ausfall von Strom- oder Kommunikationsnetzen und die Unterstützung öffentlicher Kommunikation.

Als Lehre aus der Hochwasserkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz im Jahr 2021 soll außerdem die Warnung der Bevölkerung verbessert werden. Das Konzept konkretisiert: „Zur Erweiterung des sogenannten ,Warn-Mix‘ gehört eine einheitliche Kommunikation verschiedener staatlicher Stellen, die Ausweitung und Beschleunigung des Förderprogramms für Sirenen sowie die zügige Umsetzung des Cell-Broadcasting. Auch moderne Plattformen wie die Warn-App ,NINA‘ wollen wir ausbauen.“

„Putins Angriffskrieg auf die Ukraine führt uns auf schreckliche Weise vor Augen, dass die bisherige Friedensordnung in Europa nicht mehr gilt“, sagte Grünen-Chef Omid Nouripour dem Tagesspiegel. „Die Folge daraus muss eine Konzentration der Bundeswehr auf ihre Kernaufgabe sein: die Landesverteidigung.“

(Anm.: Nouripour bildet seit Februar dieses Jahres gemeinsam mit Ricarda Lang die Doppelspitze „Vorsitz“ von Bündnis 90/Die Grünen; sie sind die Nachfolger des bisherigen Spitzenduos Annalena Baerbock und Robert Habeck – Baerbock ist in der Ampel-Regierung Außenministerin, Habeck übernahm das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz.)

Die Bewältigung der Coronavirus-Pandemie oder die Hochwasserkatastrophe im Sommer wären ohne die Hilfe der Bundeswehr nicht möglich gewesen, rief Nouripour bei seinem Gespräch mit dem Blatt in Erinnerung. Daher brauche es eine deutliche Stärkung des Bevölkerungsschutzes. „Der Schutz der Bevölkerung gehört in den Mittelpunkt jeder sicherheitspolitischen Debatte.“ Dafür müssten aber auch von der Bundesregierung die notwendigen finanziellen Mittel bereitgestellt werden, fordert der Chef der Grünen.


Unsere Symbolaufnahme „Schutzraum“ zeigt den Eingangsbereich zum sogenannten „Regierungsbunker“ in Bad Neuenahr-Ahrweiler, heute eine zeitgeschichtliche Dokumentationsstätte (Träger der Dokumentationsstätte ist der Heimatverein „Alt-Ahrweiler“). Die Anlage im Ahrtal war einmal das geheimste Bauwerk in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Ihre Planung reicht bis ins Jahr 1950 zurück, der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer war von Anfang an in die Konzeption und Realisierung des Bunkers mit einbezogen. Federführend war das Bundesinnenministerium, das sich nach jahrelanger Standortsuche für zwei Eisenbahntunnel der ehemaligen, (unvollendeten) strategischen Bahn durch das Ahrgebirge entschied. Diese wurden von 1960 bis 1972 zum „Ausweichsitz der Verfassungsorgane der Bundesrepublik Deutschland in Krise und Krieg“ aus- und umgebaut. Heute kann die Anlage besichtigt werden: https://www.regbu.de/
(Foto: Kajo Meyer/Dokumentationsstätte Regierungsbunker)


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