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Köln. Der Inspekteur der Streitkräftebasis und Nationale Territoriale Befehlshaber der Bundeswehr, Generalleutnant Martin Schelleis, warnt vor ernsten militärischen Gefahren für Deutschland. „Wir werden akut bedroht und auch angegriffen“, sagte Schelleis dem Kölner Stadt-Anzeiger (Freitagausgabe, 10. Juni). „Im Grunde haben wir bereits einen Krieg: Krieg im Informationsraum, Cyber-Angriffe. Realistische Szenarien sind auch punktuelle Angriffe auf kritische Infrastruktur, etwa durch Spezialkräfte, mit Drohnen oder Speedbooten, zur Störung unserer Lebensgrundlagen unter anderem mit militärischen Mitteln.“ Schelleis warnte: „Dafür sind wir nicht gut aufgestellt – das muss man leider sagen.“

Hinzu kommen nach Ansicht des Befehlshabers Bedrohungen wie ein möglicher Beschuss mit ballistischen Raketen, die Russland im Raum Kaliningrad stationiert hatte. Schelleis erklärte: „Sie wurden jetzt wegen des Ukraine-Krieges abgezogen, werden aber sicherlich wieder dort hinkommen. Diese Raketen könnten ohne Weiteres Berlin erreichen. So, wie Putin einzuschätzen ist, sind Erpressungsversuche gut vorstellbar.“ Gleiches gelte auch für terroristische Akteure.

Bei der Luftverteidigung gebe es „ein echtes Defizit“, das dringend ausgeglichen werden müsse – etwa durch mehr Luftabwehrsysteme. Der Inspekteur forderte überdies ein integriertes Lagebild, in das zur besseren Vernetzung neben dem Bund und den Ländern auch die Landkreise und Kommunen einbezogen werden müssten.

Mittlerweile hat die Bundeswehr „einen immensen Nachholbedarf“

Der Chef des zweitgrößten Organisationsbereichs der Bundeswehr mit Verantwortung für dessen gesamte Logistik beklagte im Gespräch mit dem Kölner Stadt-Anzeiger, dass der Deutsche Bundestag die klar definierten Bedürfnisse zur Landes- und Bündnisverteidigung bislang nicht ausreichend alimentiert habe. „Man hat einfach nicht ernsthaft geglaubt, dass die Bundeswehr je wieder in großem Stil gefordert sein könnte oder gar eingesetzt werden müsste. Deshalb hat man Defizite in Kauf genommen. Jetzt haben wir einen immensen Nachholbedarf.“

Das am 3. Juni beschlossene Sondervermögen „Bundeswehr“ in Höhe von 100 Milliarden Euro sei ein bedeutender, aber unzureichender Schritt zur Auflösung des Materialstaus. Der wesentlicher Bedarf der Streitkräftebasis beispielsweise sei aber in diesem Beschaffungsprogramm nicht enthalten.

Schelleis nannte als Beispiel Transportfahrzeuge für die Straße. „Die schnelle Verstärkung eines Bataillons in Litauen zu Beginn des Ukraine-Kriegs ist zwar gut gelungen, hat uns aber auch schon fast an den Rand unserer Kapazitäten gebracht. Wenn Sie das mal hochrechnen auf einen robusteren Einsatz mit gleichzeitigem Transport weitaus größerer Truppenkontingente aus dem rückwärtigen Raum in den Einsatzraum, dann erkennen Sie sofort, welche Lücken wir haben.“


Die Aufnahme zeigt Generalleutnant Martin Schelleis, der seit dem 6. Oktober 2015 Inspekteur der Streitkräftebasis und zugleich Nationaler Territorialer Befehlshaber der Bundeswehr ist.
(Foto: Bundeswehr)


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