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Berlin/München. Das schwedische Rüstungsunternehmen Saab und das Anfang 2021 gegründete Münchener Start-up Helsing streben für den Militärbereich „Elektronischer Kampf“ eine strategische Zusammenarbeit an. Das gab Saab jetzt in einer Pressemitteilung bekannt. Dort heißt es: „Die Zukunft des Elektronischen Kampfes (EK) erfordert fortlaufend kurzfristige Weiterentwicklung und Adaption – den Schritt zum kognitiven EK. Die Partnerschaft von Saab und Helsing bietet der Luftwaffe marktverfügbare, souveräne und zukunftssichere Lösungen für diese Herausforderung.“

Die Absichtserklärung zur strategischen Zusammenarbeit beider Unternehmen im Bereich des „kognitiven Elektronischen Kampfes“ unterzeichneten Anders Sjöberg (Geschäftsführer der Saab Deutschland GmbH) und Gundbert Scherf (Mitgründer und Geschäftsführer der Helsing GmbH). Der Schwerpunkt der Kooperation soll nach Angaben von Saab „auf den luftgestützten Systeme der Luftwaffe für den EK sowie ihre bodengebundenen Komponenten“ liegen.

Die Saab-Pressemitteilung führt aus: „Der EK ist für die Luftwaffe von rasant wachsender Bedeutung: Die Bedrohungslage durch gegnerische Beeinflussung des elektromagnetischen Spektrums, welche die eigene Operationsführung und Kommunikation stören oder gar verhindern, birgt große Herausforderungen.“ Gleichzeitig biete sich nun mit der Nachfolgeentscheidung für den Tornado ECR durch den Eurofighter „eine einmalige Gelegenheit, um in das Zeitalter des kognitiven EK einzutreten und den kontinuierlichen Fähigkeitsaufwuchs mit einem Software-first-Ansatz zukunftssicher und reaktionsschnell zu gestalten“.

Marktverfügbare State of the Art-Sensorik und modernste KI-Technologie

Der Geschäftsführer der Saab Deutschland GmbH erklärte dazu: „Für eine zukunftssichere Befähigung der Luftwaffe für den EK wird ein Schulterschluss der am besten positionierten Unternehmen im Bereich ,Sensorik und Künstlicher Intelligenz (KI)‘ benötigt.“ Die Kombination marktverfügbarer State of the Art-Sensorik mit modernster KI-Technologie sei in dieser Form in Europa einmalig“, so Sjöberg nach der Unterzeichnung der Absichtserklärung.

Helsing-Mitgründer Scherf ergänzte: „In Konflikten mit Gegnern auf Augenhöhe spielt der EK eine zentrale Rolle – und er wird durch den Einsatz von Software zunehmend dynamischer.“ Die Bundeswehr müsse auf diese Herausforderung in Aufklärung, Führung und Wirkung vorbereitet sein. Dies gehe nur mit KI-basierter Informationsverarbeitung: Mit ihr würden Fähigkeiten kontinuierlich adaptiert und weiterentwickelt. Scherf ist sich sicher, dass Saab und Helsing „der Bundeswehr eine marktverfügbare, souveräne und zukunftssichere Lösung“ anbieten können. „Saab als führender Hersteller von EK-Systemen und Helsing als Vorreiter in der nationalen Schlüsseltechnologie, der Software für den kognitiven Elektronischen Kampf.“


Kompakt                                  

Die Anfang des Jahres 2021 gegründete deutsche Start-up-Firma Helsing GmbH sorgte in den vergangenen Monaten immer mal wieder für Schlagzeilen. So wurde im Herbst vergangenen Jahres publik, dass der schwedische Milliardär Daniel Ek, Gründer des Musik-Streamingdienstes Spotify, Helsing mit seiner Investmentfirma Prima Materia mit 100 Millionen Euro unterstützen wird. Das Handelsblatt berichtete, dass der Schwede über die kommenden zehn Jahre hinweg in europäische Deeptech-Firmen investieren will, die „wissenschaftliche Forschung zur Lösung grundleger Probleme“ betreiben wollen.

Beim Software-Unternehmen Helsing geht es um eine zentrale Anwendung für den Militärbereich: Helsing will Künstliche Intelligenz (KI) einsetzen, um die Feindaufklärung zu verbessern. Dies könnte Entscheidern helfen, Gefechtslagen rascher und besser einzuschätzen und militärische Ziele genauer auszuwählen. Investor Ek in einem schriftlichen Statement: „Europa hat eine große Chance, beim Aufbau dynamischer KI-Systeme führend zu sein, die ethisch, transparent und verantwortungsbewusst konzipiert sind.“

Helsing-Mitgründer Gundbert Scherf kennt sich mit dem Militär bestens aus. Er wechselte im September 2014 gemeinsam mit Katrin Suder von der weltbekannten Unternehmens- und Strategieberatung McKinsey & Company ins Bundesministerium der Verteidigung. Suder wurde dort als beamtete Staatssekretärin vereidigt mit der Aufgabe, den Rüstungsbereich zu reformieren (direkt unterstellt waren Suder die Abteilungen „Ausrüstung“ sowie „Cyber/Informationstechnik“; in ihre Zuständigkeit fielen außerdem Angelegenheiten der Abteilung „Planung“.) Scherf wurde „Beauftragter für die strategische Steuerung der nationalen und internationalen Rüstungsaktivitäten der Bundeswehr“, eine Stelle, die von Staatssekretärin Suder geschaffen worden war. Der Unternehmensberater wurde im Wehrressort zur treibenden Kraft für die neue Ausrichtung der Truppe im Elektronischen Kampf und entwarf darüber hinaus den Aufbau eines Cyber-Kommandos für die Bundeswehr. Scherf verließ das Ministerium wieder im Herbst 2016.

Zu den Helsing-Gründern gehören neben Gundbert Scherf (39) noch Torsten Reil (48) und Niklas Köhler (30).

Reil ist Vorstandsmitglied bei Animal Dynamics und ONI sowie Gründer von NaturalMotion. Vor der Gründung von NaturalMotion forschte er an der Zoologischen Fakultät der Universität Oxford für einen Ph. D. in komplexen Systemen, aus dem er NaturalMotion ausgründete.

Köhler arbeitete nach seinem Studienabschluss an der Ludwig-Maximilians-Universität München (Master of Science/M.Sc. der Physik) zweieinhalb Jahre lang am Helmholtz Zentrum München als Koordinator im Bereich „Künstliche Intelligenz für Präzisionsmedizin“. Im Januar 2017 gründete er die Deep-Learning-Firma Hellsicht GmbH, die an Lösungen für Industrie und Medizin arbeitet und inzwischen Teil von Helsing ist.

Zu guter Letzt noch eine Meldung zu Helsing vom 29. März dieses Jahres: An diesem Dienstag gab das Unternehmen bekannt, dass der frühere Airbus-Chef Thomas Enders in den Vorstand der Helsing GmbH eingetreten ist. Enders hatte nach seiner Tätigkeit im Planungsstab des Verteidigungsministeriums in 19 Jahren bei Airbus die Militärsparte „Airbus Defence and Space“ zusammengeführt und ausgebaut und später bis 2019 die Airbus-Gruppe als CEO geführt. Neben seinen Aufgaben als Präsident der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) wirkt er unter anderem heute in Führungsgremien von bekannten Unternehmen wie Lufthansa oder Linde mit.


Zu unserem Bildmaterial:
1. In einem besonderen Bereich in der Ulrich-Kaserne im bayerischen Kleinaitingen ist das Zentrum „Elektronischer Kampf Fliegende Waffensysteme“ der Bundeswehr untergebracht. Zu den Auftragsschwerpunkten gehört – so eine Beschreibung der Bundeswehr – die „Erstellung und Optimierung der Einstellungen der elektronischen Selbstschutzausstattungen Fliegender Waffensysteme und der Selbstschutzausstattungen des Heeres hinsichtlich potenzieller Bedrohungen im jeweiligen Einsatzgebiet“. Die Aufnahme erlaubt einen Blick in den Gefechtsstand der Übungseinrichtung POLYGONE, die für die EK-Hochwertausbildung der fliegenden Verbände die Bedrohungssimulation durch bodengebundene Live-Systeme durchführt. Ins Bild montiert das interne Verbandsabzeichen des Zentrums.
(Foto: Patric Bork; Abzeichen: Deutsche Luftwaffe; Bildmontage mediakompakt)

2. Nach der Unterzeichnung der Absichtserklärung zur strategischen Zusammenarbeit im Bereich „kognitiver Elektronischer Kampf“ – von links: Anders Sjöberg (Geschäftsführer der Saab Deutschland GmbH), Stephanie Lingemann (Director Programmes Helsing GmbH), Matthias Amthor (Head of Strategy and Business Development Saab Deutschland GmbH) und Gundbert Scherf (Geschäftsführer der Helsing GmbH).
(Foto: Saab)


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