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Berlin/Frankfurt am Main. Auf den Tag genau vor einem Jahr hat die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen einen Antrag an den Bundestag zum Thema „Verfassungsfeindliche Tendenzen in der Polizei erkennen und entschlossen angehen“ gerichtet. In ihrer am 16. Juni 2020 eingereichten Drucksache 19/20063 verlangt die Fraktion unter anderem von der Bundesregierung, sie solle sich dafür einsetzen, dass sich die Innenministerkonferenz einen statistischen Überblick „über Vorkommnisse bei Polizeibehörden des Bundes und der Länder verschafft, die im Sinne der Politischen Kriminalität (PMK) einen politischen Hintergrund haben und auf gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit sowie rechtsextreme und andere verfassungsfeindliche Einstellungen hindeuten könnten“. Jetzt, ein Jahr nach Antragstellung, zeigen Ereignisse in Frankfurt am Main, wie notwendig die Initiative der Grünen war und ist. Gegen Beamte der Frankfurter Polizei wird momentan wegen rechtsextremistischer Umtriebe ermittelt.

Wie am Mittwoch vergangener Woche (9. Juni) bekannt geworden war, sollen sich rund 20 Beamte des Spezialeinsatzkommandos (SEK) in einem Chat über mindestens zwei Jahre Nachrichten mit volksverhetzenden Inhalten geschickt und verfassungswidrige Symbole untereinander geteilt haben. Mittlerweile sind Wohnungen und Diensträume von etlichen Beschuldigten durchsucht worden. Neuesten Informationen zufolge soll die Chatgruppe sogar aus mehr als 50 Personen – die meisten Polizeibeamte – bestanden haben.

Hessens Innenminister Peter Beuth hat inzwischen angekündigt, das SEK des Frankfurter Polizeipräsidiums aufzulösen. Ein Expertenstab soll die Einheit neu strukturieren. Das inakzeptable Fehlverhalten von Polizisten sowie das Wegsehen unmittelbarer Vorgesetzter im SEK Frankfurt mache diesen Schritt für ihn unumgänglich, so Beuth am vergangenen Donnerstag (10. Juni) bei einer Pressekonferenz in der Mainmetropole. Die aufgedeckten Chats ließen bei einigen Mitarbeitern des SEK auf eine „abgestumpfte, diskriminierende Haltung und teils rechtsextreme Gesinnung“ schließen, so der CDU-Politiker.

Öffentliche Anhörung im Paul-Löbe-Haus mit vier Sachverständigen

Ja, der Antrag der Grünen „Verfassungsfeindliche Tendenzen in der Polizei erkennen und entschlossen angehen“ kommt zur rechten Zeit. Und es bleibt nicht nur bei einem Antrag: Am kommenden Montag (21. Juni) soll es im Rahmen der 147. Sitzung des Ausschusses für Inneres und Heimat ab 13 Uhr eine öffentliche Anhörung geben, zu der vier Sachverständige geladen sind.

Diese sind laut vorliegender Tagesordnung Professor Dr. Christoph Kopke (Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin), Daniel Kretzschmar (Bund Deutscher Kriminalbeamter, Landesvorsitzender Berlin), Jürgen Peter (Vizepräsident des Bundeskriminalamtes, Wiesbaden) sowie Sinan Selen (Vizepräsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Köln).

Fehlentwicklungen mit aller Entschiedenheit bekämpfen

Die Bundestagsfraktion weist darauf hin, dass „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, wie unter anderem rassistische und antisemitische Einstellungsmuster, in der Gesamtgesellschaft nach wie vor weit verbreitet“ sind. Polizeibehörden müssten „aufgrund ihrer besonderen Rolle im und für den Staat und ihrer hoheitlichen Befugnisse“ besonderes Augenmerk auf die Verbreitung derartiger Anfeindungen und auf rechtsextreme und andere verfassungsfeindliche Einstellungen im Kreis ihrer Beschäftigten richten. Würden diese Fehlentwicklungen nicht mit aller Entschiedenheit bekämpft, dann könnte „das Ansehen und das Vertrauen in die Polizei massiv leiden“.

Wörtlich fordern die Antragsteller: „Auch vor dem Hintergrund vermehrter Meldungen über rechtsextreme Vorkommnisse in den Reihen der Sicherheitsbehörden im Allgemeinen, in denen der Polizei im Besonderen, und angesichts unserer historischen Verantwortung bedarf diese Problematik besonderer Aufmerksamkeit und echter Gegenmaßnahmen von allen Beteiligten, auch seitens der Bundesregierung.“


Randnotiz                                  

Die von den Grünen initiierte öffentliche Anhörung „Verfassungsfeindliche Tendenzen in der Polizei erkennen und entschlossen angehen“ des Ausschusses für Inneres und Heimat am 21. Juni 2021 findet ab 13 Uhr im Paul-Löbe-Haus des Deutschen Bundestages (Raum 4900/Europasaal) statt. Es werden vier Sachverständige erwartet. Aufgrund der Coronavirus-Pandemie wird die Öffentlichkeit ausschließlich über eine TV-Übertragung/-Aufzeichnung hergestellt. Angaben ohne Gewähr.


Symbolbild „Polizist“ aus dem Bildangebot von Pixabay.
(Foto: fsHH/CC0 Creative Commons = freie kommerzielle Nutzung, kein Bildnachweis erforderlich

Kleines Beitragsbild: Symboldarstellung „Polizeiwache“ aus dem Bildangebot von Pixabay.
(Foto: Alexas/CC0 Creative Commons = freie kommerzielle Nutzung, kein Bildnachweis erforderlich)


Kommentare

  1. Dr.-Ing. U. Hensgen | 17. Juni 2021 um 12:15 Uhr

    Es steht außer Frage, dass Extremisten in den Sicherheitsbehörden nichts zu suchen haben. Sie müssen so schnell wie möglich entfernt werden. Die frühere Erkennung von Extremisten muss ebenfalls verbessert werden.

    Genauso wichtig ist die Ursachenforschung. Warum werden Menschen im Laufe ihrer Dienstjahre zu Extremisten? Liegt es an der Tätigkeit? Liegt es an dem Umgang der Gesellschaft mit ihren Sicherheitskräften? Liegt es nur an den Personen selbst? …

    Vielleicht sollten sich diejenigen Politiker und Journalisten, die keine Gelegenheit auslassen auf Polizisten und Soldaten verbal einzudreschen, einmal überlegen, ob sie nicht auch ein bisschen Mitschuld am Extremismus in diesen Reihen haben.

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