menu +

Nachrichten


Bonn/Berlin. Im Mai endet die Amtszeit von Hans-Peter Bartels als Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages. Der Verteidigungsexperte der SPD war am 18. Dezember 2014 zum Wehrbeauftragten gewählt, am 20. Mai 2015 ernannt und am 21. Mai 2015 vereidigt worden. Bartels würde sich gerne noch einmal fünf Jahre für die Belange der Soldaten einsetzen. Dies sagte er jetzt in einem Interview mit der WELT AM SONNTAG. Die Wiederwahl eines Amtsinhabers ist möglich, liegt aber lange zurück. Dies gelang bisher lediglich Karl Wilhelm Berkhan. Berkhan, ebenfalls Sozialdemokrat, fungierte insgesamt zehn Jahre als „Anwalt der Soldaten“ – vom 19. März 1975 bis zum 19. März 1985. Zum zweiten Mal gewählt worden war er am 17. Januar 1980.

Wehrbeauftragter Bartels hat seine Bereitschaft für eine zweite Amtszeit hinterlegt. Im WELT-Interview gestand er: „Es wäre eine Ehre.“ Der promovierte Politikwissenschaftler war im Dezember 2014 mit großer Mehrheit – 532 von 598 Stimmen – in das Amt gewählt worden.

Der Wehrbeauftragte wird nach Artikel 45b Grundgesetz als Hilfsorgan des Bundestages bei der Ausübung der parlamentarischen Kontrolle der Streitkräfte berufen. Zu seinen Kernaufgaben gehört außerdem, über die Wahrung der Grundrechte der Soldaten sowie über die Einhaltung der Grundsätze der Inneren Führung zu wachen. Die gewonnenen Erkenntnisse über den inneren Zustand der Bundeswehr hält er in einem umfassenden Bericht fest, den er einmal jährlich dem Parlament vorlegt.

Der Bundestag wählt den Wehrbeauftragten in geheimer Wahl mit der Mehrheit seiner
Mitglieder für die Dauer von fünf Jahren. Vorschlagsberechtigt sind die Bundestagsfraktionen sowie der Verteidigungsausschuss. Eine Wiederwahl des Amtsinhabers ist zulässig.

In sechs Jahrzehnten insgesamt zwölf Amtsinhaber

Seit Schaffung des Amtes im Jahr 1959 gab es einschließlich Bartels zwölf Personen, die diese Ombudsinstitution geleitet haben. Dabei stellten die Unionsparteien fünf Mal den Wehrbeauftragten, die SPD vier Mal, die FDP zwei Mal. Ein Amtsinhaber war parteilos. Es gab bereits eine Amtsinhaberin. Die Wehrbeauftragten seit 1959:

1. Helmuth von Grolman
Amtszeit: 20. März 1959 bis 14. Juli 1961
(parteilos)

2. Hellmuth Guido Heye
Amtszeit: 8. November 1961 bis 11. November 1964
(CDU)

3. Matthias Hoogen
Amtszeit: 11. Dezember 1964 bis 11. März 1970
(CDU)

4. Fritz Rudolf Schultz
Amtszeit: 11. März 1970 bis 19. März 1975
(FDP)

5. Karl Wilhelm Berkhan
Amtszeit: 19. März 1975 bis 19. März 1985
(SPD)

6. Willi Weiskirch
Amtszeit: 20. März 1985 bis 19. März 1990
(CDU)

7. Alfred Biehle
Amtszeit: 27. April 1990 bis 27. April 1995
(CSU)

8. Claire Marienfeld-Czesla
28. April 1995 bis 10. Mai 2000
(CDU)

9. Willfried Penner
Amtszeit: 11. Mai 2000 bis 11. Mai 2005
(SPD)

10. Reinhold Robbe
Amtszeit: 12. Mai 2005 bis 19. Mai 2010
(SPD)

11. Hellmut Königshaus
Amtszeit: 20. Mai 2010 bis 19. Mai 2015
(FDP)

12. Hans-Peter Bartels
Amtszeit: 21. Mai 2015 bis Mai 2020
(SPD)

Eine besondere Stellung innerhalb des parlamentarischen Systems

Als „Anwalt der Soldaten“ und zugleich Hilfsorgan des Parlaments bei der Kontrolle der Streitkräfte nimmt der Wehrbeauftragte eine besondere Stellung innerhalb des parlamentarischen Systems ein – dabei ist er weder Mitglied des Bundestages noch Beamter. Tätig wird er aus eigener Initiative oder auf Weisung des Bundestages oder des Verteidigungsausschusses. Seine Informationen erhält er insbesondere durch angemeldete beziehungsweise unangemeldete Truppenbesuche, Gespräche sowie Eingaben, die ihn aus der Truppe erreichen.

Jeder Bundeswehrangehörige hat die Möglichkeit, sich direkt und ohne Einhaltung des Dienstweges an den Wehrbeauftragten zu wenden.

Als der fünfte Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Karl-Wilhelm Berkhan, am 9. März 1994 in Hamburg starb, schrieb der SPIEGEL in einem Nachruf unter anderem: „Die Bundeswehr war ihm ans Herz gewachsen, und die Soldaten verehrten ihn. ,Wer Menschen führen will‘, gab er den Vorgesetzten mit auf den Weg, ,muss Menschen mögen.‘ Die Untergebenen ermunterte er: ,Maul aufreißen kann auch Pflicht sein.‘“

Die Bundestagsfraktionen formulieren ihre Positionen

Die Bereitschaft von Bartels, für eine zweite Amtszeit als Wehrbeauftragter kandidieren zu wollen, hat im Parlament unterschiedliche Reaktionen ausgelöst. Bei den Sozialdemokraten könnte das Vorhaben mehrheitlich auf Zustimmung stoßen. So sagte der sicherheits- und verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Fritz Felgentreu dem bundeswehr-journal: „Ich freue mich, wenn Hans-Peter Bartels für eine zweite Amtszeit gewählt werden würde. Er macht seine Sache im Interesse von Parlament und Truppe sehr gut. Dass er immer wieder auch in Fragen der politischen Rahmenbedingungen für die Entwicklung der Bundeswehr das Wort ergreift, halte ich für zeitgemäß. Der Wehrbeauftragte muss gegenüber der Freiwilligenarmee Bundeswehr sein Amtsverständnis weiterentwickeln und kann sich nicht wie früher weitgehend darauf beschränken, ein Schutzschild für die Rechte einzelner zu sein – obwohl auch diese Aufgabe immer zum Kern der Arbeit des Wehrbeauftragten gehören wird.“

Unterstützung könnte Bartels wohl auch von der FDP bekommen. Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Sprecherin für Verteidigungspolitik und Kommunalpolitik der Fraktion der Freien Demokraten, sagte uns: „Es gibt keinen Grund, ihn nicht wiederzuwählen. Er hat meine Unterstützung.“

Ablehnend hingegen die Union. Der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Henning Otte erläuterte gegenüber dem bundeswehr-journal: „Generell sind die Aufgaben des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages mit viel Verantwortung verbunden und wichtig für die Weiterentwicklung der Bundeswehr. Hans Peter Bartels hat dieses Amt mit viel Engagement und Empathie wahrgenommen. Trotz alledem wünschen wir uns als Unionsfraktion für die Zukunft, dass die eigentliche Aufgabe als Hilfsorgan des Parlaments wieder stärker in den Fokus rückt. Die Stärkung der Einsatzbereitschaft der Truppe muss im Mittelpunkt stehen. Ich könnte mir auch vorstellen, dass der nächste Wehrbeauftragte nach mehreren Legislaturperioden auch mal wieder von der Unionsfraktion gestellt wird. Dies muss allerdings in der Koalition abgestimmt werden.“

Die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen scheint in der Frage einer erneuten Amtszeit für Bartels wohl noch in der Meinungsbildungsphase. Aus dem Büro von Tobias Lindner, Sprecher für Sicherheitspolitik der Fraktion und Obmann im Verteidigungsausschuss, war zu hören: „Die Entscheidung über die Wahl des Wehrbeauftragten ist eine Entscheidung der Gesamtfraktion. Diese wird sich mit der Frage zur gegebener Zeit befassen.“ Lindner wolle, so sein Büro, dieser Debatte und Entscheidung nicht vorweggreifen.

Die Standpunkte der Linken und der AfD hatten bereits die Abgeordneten Matthias Höhn und Rüdiger Lucassen für die WELT formuliert. Höhn, Sprecher für Sicherheitspolitik der Linksfraktion, wurde von der WELT zitiert: „Hans-Peter Bartels leistet eine breit anerkannte Arbeit als Anwalt der Soldaten – egal, ob es um ihre persönliche Ausrüstung geht oder um die Versorgung versehrter Soldaten.“ Der Wehrbeauftragte sei außerdem „klar im Kampf gegen rechts“. Höhn wünscht sich jedoch von Bartels „künftig mehr Zurückhaltung bei Forderungen nach einer Aufstockung des Verteidigungshaushaltes“. Dies sei nicht „seine Baustelle“.

Lucassen, Obmann der AfD im Verteidigungsausschuss und verteidigungspolitischer Sprecher seiner Fraktion im Bundestag, ist gegen eine zweite Amtszeit für Bartels. Gegenüber der WELT erklärte Lucassen, der SPD-Politiker habe zwar „seine parlamentarische Kontrollfunktion in der jetzigen Legislatur zufriedenstellend wahrgenommen“. Eine Wiederwahl von Bartels käme für seine Fraktion jedoch nicht infrage. Er begründete: „Die SPD rangiert bundesweit zurzeit an vierter Stelle nach der AfD – und verfügt damit faktisch über keine mehrheitsfähige Substanz für ein parlamentarisches Mandat.“


Unser Bild zeigt den Wehrbeauftragten Hans-Peter Bartels am 14. Mai 2019 bei seinem Jahresempfang in Berlin im Gespräch mit Luftwaffensoldaten.
(Foto: Marco Urban/Deutscher Bundestag)


Kommentieren

Bitte beantworten Sie die Frage. Dies ist ein Schutz der Seite vor ungewollten Spam-Beiträgen. Vielen Dank *

OBEN