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Köln-Wahn/Wuhan (China)/Frankfurt am Main. Seit dem 8. Dezember registriert die Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization, WHO) ausgehend von der zentralchinesischen Stadt Wuhan eine Lungenerkrankung, die mittlerweile in China mehr als 130 Todesopfer gefordert hat. Offiziellen Angaben zufolge sind jetzt bereits etwa 6050 Menschen erkrankt, auch in anderen Ländern. Am 7. Januar identifizierten Wissenschaftler das Coronavirus „2019-nCoV“ als Auslöser der schweren Atemwegserkrankung. „2019-nCoV“ stammt aus der Erregerfamilie, zu der auch das tödliche SARS-Coronavirus gehört. Das neue Virus hat inzwischen auch Deutschland erreicht. In Bayern sind – Stand 28. Januar – vier Mitarbeiter einer Firma aus dem Landkreis Starnberg, die Kontakte zu chinesischen Geschäftspartnern unterhält, erkrankt. Der Krisenstab des Auswärtigen Amtes hat am Montag beschlossen, dass die Bundeswehr etwa 90 Deutsche aus der Region Wuhan zurück in die Heimat fliegen soll. Informationen der BILD-Zeitung zufolge soll dazu ein Airbus A310 der Luftwaffe am morgigen Mittwoch (29. Januar) nach China aufbrechen.

Nach Angaben der Gesundheitsbehörden der Elf-Millionen-Metropole Wuhan trat das Virus im Dezember zuerst auf einem Großmarkt der Stadt, dem „Huanan Seafood Wholesale Market“, auf. Dieser wurde am 1. Januar geschlossen. Laut Medienberichten waren hier immer wieder auch exotische Tiere zum Verzehr angeboten worden. Zum Sortiment der Händler sollen unter anderem Fledermäuse, Füchse, Kamele, Koalabären, Krokodile, Ratten, Riesensalamander, Schlangen, Stachelschweine, Pfauen oder Wolfswelpen gehört haben.

Coronaviren werden laut WHO von Tieren auf Menschen übertragen. So soll das SARS-Virus (SARS: Severe Acute Respiratory Syndrome) und das MERS-Virus (MERS: Middle East Respiratory Syndrome) ihren Ursprung in Fledermäusen haben und auf Märkten durch Zibetkatzen beziehungsweise Dromedare auf Menschen übertragen worden sein.

Tiermärkte – eine Brutstätte für Viren aller Art

Durch die SARS-Epidemie starben in den Jahren 2002 und 2003 rund 650 Menschen in Kontinentalchina und in der Sonderverwaltungszone Hongkong. Am MERS-CoV, das seinen Ursprung auf der Arabischen Halbinsel mit Schwerpunkt in Saudi-Arabien hat, erkrankten seit seiner Entdeckung im Jahr 2012 bis jetzt laut WHO fast 2500 Menschen, 858 Infizierte starben.

Bei einer offiziellen Pressekonferenz der chinesischen Regierung am 22. Januar sagte der Leiter des Chinese Center for Disease Control and Prevention, es sei sicher, dass das neue Coronavirus auf dem Wuhan-Markt ebenfalls von Tieren auf Menschen übertragen worden sei. Von welcher Tierart und auf welchem Weg, könne derzeit noch nicht bestimmt werden.

Christian Walzer, bei der amerikanischen Naturschutzorganisation Wildlife Conservation Society (WCS) in leitender Position, warnt: „Schlecht überwachte Märkte für lebende Tiere, auf denen Wildtiere, Zuchtwildtiere und Haustiere aus verschiedenen Regionen zusammengepfercht angeboten werden, bieten ideale Bedingungen für das Auftauchen neuer Viren, die die menschliche Gesundheit, die wirtschaftliche Stabilität und die Gesundheit des Ökosystems bedrohen.“ Die Neuordnung und der Austausch viraler Komponenten zwischen den Arten auf Märkten für lebende Tiere, so der Tierarzt und Geschäftsführer des WCS-Gesundheitsprogramms weiter, werde als Hauptentstehungsquelle neuer Viren angesehen. Diese könnten zoonotisch sein – also wechselseitig zwischen Mensch und Tier übertragen werden wie beispielsweise die Vogelgrippe, Schweinegrippe, SARS oder MERS – und später auch von Mensch zu Mensch übertragen werden, wodurch die Voraussetzungen für eine rasche globale Pandemie-Ausbreitung geschaffen werde.

Angesichts des Ausbruchs des Wuhan-Coronavirus fordert die Wildlife Conservation Society jetzt alle Regierungen erneut auf, die weltweiten Bedrohungen der öffentlichen Gesundheit durch die Märkte für lebende Tiere anzuerkennen und dort den Handel mit Wildtieren endlich zu stoppen.

Neuartiges Virus in China immer noch außer Kontrolle

Die Behörden in China haben mittlerweile auf den Vormarsch des Coronavirus mit beispiellosen Maßnahmen reagiert und unter anderem fünf Großstädte, in denen zusammen rund 20 Millionen Menschen leben, abgeschottet. Aus Angst vor einer Verbreitung des Virus wurden in der Metropole Wuhan Flüge, Züge, Fähren, Fernbusse und der öffentliche Nahverkehr gestoppt, die Ausfallstraßen wurden nach und nach gesperrt. Dennoch bekommt China das neuartige Virus nicht unter Kontrolle. Die Atemwegs- und Lungenkrankheit hat bis jetzt mehr als 130 Personen das Leben gekostet.

In Bayern sind inzwischen vier Mitarbeiter einer Firma aus dem Landkreis Starnberg vom Münchner Klinikum Schwabing stationär aufgenommen worden. Sie sind dort isoliert und werden medizinisch überwacht. Der erste Infizierte soll sich vermutlich am 21. Januar während einer Fortbildungsveranstaltung bei einem Gast des Unternehmens, der aus China zu dieser Veranstaltung angereist war, angesteckt haben. Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml erklärte am heutigen Dienstag in einem Statement, dass man etwa 40 Mitarbeiter der Firma, die als enge Kontaktpersonen möglicherweise gefährdet seien, habe ermitteln können. Die Betroffenen sollen nun vorsichtshalber getestet werden.

Ein Team des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) an der Charité/Universitätsmedizin Berlin um Prof. Dr. Christian Drosten hat dazu bereits ein Nachweisverfahren für das „2019-nCoV“ entwickelt. Die WHO hat das Testprotokoll jetzt als bisher ersten diagnostischen Leitfaden veröffentlicht. Verdachtsfälle können nun schnell auf das Virus untersucht werden.

Das Risiko für die Bevölkerung in Bayern, sich mit dem neuartigen Coronavirus zu infizieren, wird übrigens momentan von der „Task Force Infektiologie“ des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit sowie vom Robert Koch-Institut, der Bundesoberbehörde für Infektionskrankheiten und nicht übertragbare Krankheiten, als gering erachtet.

Diagnostik-Schnelltest soll noch auf dem Rückflug für Klarheit sorgen

Über die geplante Rückholaktion der Bundeswehr hatte heute zuerst die BILD-Zeitung berichtet. Dem Blatt zufolge soll der Airbus A310 „Kurt Schumacher“ der Luftwaffe am Mittwoch um 12:45 Uhr von Köln-Wahn über Shanghai in Richtung Wuhan starten. Die Ankunft der deutschen Passagiere aus Wuhan sei für Donnerstag gegen 18:30 Uhr auf dem Flughafen Frankfurt/Main geplant, so das Redaktionsteam der BILD. Dort soll das Tropeninstitut übernehmen. Bereits an Bord der Maschine sollen die Passagiere von mitfliegenden Sanitätern mithilfe des Drosten-Diagnostik-Schnelltests auf das Coronavirus untersucht werden. Das Verfahren liefert innerhalb von eineinhalb Stunden Antworten. In Deutschland sollen die Heimkehrer aus Wuhan dann dem Bericht zufolge „angeblich 14 Tage in Quarantäne“ kommen.

Letztmalig war die Bundeswehr beziehungsweise die Deutsche Luftwaffe im April 2019 mit einem Airbus im Evakuierungseinsatz. Nach einem schweren Busunglück auf der portugiesischen Urlaubsinsel Madeira, bei dem 29 Menschen starben, brachte ein A310 MRTT (MRTT = Multi-Role-Transport-Tanker) in der AirMedEvac-Konfiguration 15 Verletzte sicher nach Köln (wir berichteten).

Ob der Wuhan-Flug am Ende mit einer Militärmaschine unserer Luftwaffe durchgeführt wird, stand bei Veröffentlichung dieses Beitrags allerdings noch nicht endgültig fest. Denn wie das Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL etwas später berichtete, soll die chinesische Regierung in den Gesprächen mit der Bundesregierung bisher darauf bestanden haben, dass eine Zivilmaschine und kein Militärtransporter den Einsatz übernimmt. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums wollte diese Informationen gegenüber der Nachrichtenagentur AFP nicht bestätigen. Man sei aber „grundsätzlich auf alles vorbereitet“ …


Zu unserem Bildangebot:
1. Der Airbus A310 „Kurt Schumacher“ der Deutschen Luftwaffe. Die Aufnahme stammt vom 16. September 2013.
(Foto: Anna Zvereva/Wikipedia/Wikimedia Commons/unter Lizenz CC BY-SA 2.0 –
vollständiger Lizenztext: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/)

2. Coronaviren – kolorierte transmissionselektronenmikroskopische Aufnahme.
(Bild: Fred Murphy, Sylvia Whitfield/CDC;
grafische Bearbeitung: mediakompakt)

3. Die Infografik zeigt eine vereinfachte Zeitleiste der Entwicklung des „2019-nCoV“-Ausbruchs. Auf dem Hintergrundfoto ist der Eingang zum „Huanan Seafood Wholesale Market“ zu sehen.
(Foto: nr;
Infografik und grafische Gesamtbearbeitung: mediakompakt 01.20;
Quelle: Auswärtiges Amt)

4. Eine Echtzeitkarte des Center For Systems Science and Engineering (CSSE) an der Johns Hopkins University (JHU) in Baltimore zeigt die Ausbreitung des neuen Coronavirus „2019-nCoV“. Der Link zu der Karte (Angabe ohne Gewähr):
https://gisanddata.maps.arcgis.com/apps/opsdashboard/index.html#/bda7594740fd40299423467b48e9ecf6
(Bildschirmfoto: Quelle CSSE/JHU;
grafische Bearbeitung: mediakompakt)

Kleines Beitragsbild: Symbolbild „Schutzmaske“ aus dem Bildangebot von Pixabay.
(Foto: Gerd Altmann/unter Pixabay License = freie kommerzielle Nutzung, kein Bildnachweis erforderlich –
Bildlink: https://pixabay.com/de/illustrations/mundschutz-atemschutzmaske-maske-4791772/)


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