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Brüssel/Ulm/Norfolk (Virginia, USA). Die baden-württembergische Donaustadt Ulm hat in Kürze eine neue NATO-Dienststelle, das Joint Support and Enabling Command (JSEC). Dem in der Ulmer Wilhelmsburgkaserne im Aufbau befindlichen Kommando des Bündnisses für Truppen- und Materialtransporte in Europa wurde am 17. September feierlich eine erste Einsatzbefähigung bescheinigt. Die Erklärung dieser „Initial Operational Capability“ (IOC) erfolgte im Rahmen einer Fachtagung mit hochrangigen NATO-Vertretern im Ulmer „Leonardo Royal Hotel“. Der Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr, Vizeadmiral Joachim Rühle, bezeichnete dort vor Pressevertretern die Zeremonie als „einen Meilenstein bei der Stärkung der Kommando- und Streitkräftestruktur des Nordatlantischen Bündnisses“. Das JSEC wird am 1. Oktober offiziell neue NATO-Dienststelle.

Die Einrichtung des Joint Support and Enabling Command war auf Vorschlag Deutschlands beim Treffen der NATO-Verteidigungsminister am 7. und 8. Juni vergangenen Jahres in Brüssel beschlossen worden. Neu aufgebaut wird diesem Beschluss zufolge derzeit auch eine zweite Kommandobehörde, das NATO-Kommando in Norfolk im US-Bundesstaat Virginia.

Während das JSEC in Ulm als „Rear Area Command“ für die Sicherheit im rückwärtigen Raum der „Area of Responsibility“ des NATO-Oberbefehlshabers (Supreme Allied Commander Europe, SACEUR) zuständig sein wird, wird die Aufgabe des Norfolk-Kommandos die rasche Truppen- und Materialverlegung über den Atlantik sein. Beide Dienststellen werden eng zusammenarbeiten.

Reaktion der Allianz auf die aggressive Politik des Kreml

Mit der Anpassung der NATO-Kommandostrukturen und der Einrichtung der beiden neuen Kommandozentren auf operativer Ebene reagierte die westliche Verteidigungsgemeinschaft auf die aggressive Politik Russlands, die letztendlich zur völkerrechtswidrigen Annexion der Krim und zur Unterstützung der pro-russischen Separatisten in der Ostukraine geführt hat.

Der Aufbau des JSEC durch Deutschland als verantwortliche Rahmennation erfolgt in zwei wesentlichen Schritten: Zum einen werden im Augenblick in der Wilhelmsburgkaserne die notwendigen Basisdokumente und Strukturen als wesentliche Grundvoraussetzungen erstellt. Zum anderen werden diese Grundlagen bereits im kommenden Jahr in einer ersten Übungsbeteiligung überprüft, weiterentwickelt und gegebenenfalls angepasst. Im Herbst 2021 soll das JSEC dann seine volle Einsatzfähigkeit erreichen.

Befehlshaber des JSEC ist der deutsche Generalleutnant Jürgen Knappe, der seit dem 30. Januar 2018 auch als Befehlshaber des ebenfalls in Ulm stationierten Multinationalen Kommandos Operative Führung (Multinational Joint Headquarters, MN JHQ) fungiert. Dieses Kommando ist eine Dienststelle der Streitkräftebasis. Sie kann Kriseneinsätze im Auftrag der Vereinten Nationen, der NATO und der EU im Bedarfsfall mit bis zu 50.000 Soldaten führen. Das JSEC fungiert in der Wilhelmsburgkaserne neben dem MN JHQ als separate Einrichtung. Das MN JHQ Ulm ist zukünftig im Schwerpunkt für EU-Aufgaben vorgesehen.

Im täglichen Betrieb werden im Ulmer NATO-Kommando einmal rund 260 Soldaten aus 19 Nationen tätig sein, in Krisenfällen kann die Zahl auf über 600 ansteigen. Momentan besteht das JSEC aus rund 270 Mann – 80 Bundeswehrsoldaten, 80 Soldaten aus anderen NATO-Staaten sowie 113 Soldaten des MN JHQ zur vorläufigen personellen Unterstützung.

Verantwortlich für ein sicheres Umfeld im rückwärtigen Raum

In einem Interview mit der in Österreich erscheinenden Militärzeitschrift Truppendienst im November vergangenen Jahres beschrieb Generalleutnant Knappe die Aufgaben des JSEC wie folgt: „Das JSEC ist für Sicherheit im rückwärtigen Raum des SACEUR-Verantwortungsbereichs zuständig, dazu gehört auch die Koordination bei Verlegung von NATO-Truppen im rückwärtigen Raum. Dazu tritt es mit den Nationen, die durch Host Nation Support diese Verlegungen zu unterstützen haben, in Verhandlungen und plant mit diesen alle notwendigen Maßnahmen.“

Das JSEC werde häufig als logistisches Kommando missverstanden, so der Luftwaffengeneral weiter. Es werde zwar auch logistische Aufgaben wahrnehmen, wie die Koordination der Verlegung und die Heranführung von Nachfolgekräften. Aber vor allem sei es einmal dafür zuständig, die Kräfte für ein solches Vorhaben zusammenzuführen, diese auszubilden, zu trainieren und ihnen gegebenenfalls noch den notwendigen Schutz zukommen zu lassen.

Knappe: „Das JSEC hat somit auf der operativen Ebene die Gesamtverantwortung für die Bereitstellung eines sicheren Umfeldes im rückwärtigen Raum. Dazu wird bereits im Friedens- und Grundbetrieb ein Netzwerk aufgebaut, das diese Facetten abbildet, koordiniert und deren Funktion beim Übungsbetrieb im rückwärtigen Raum überprüft.“


Zu unseren Bildern:
1. bis 3. Teilnehmer der NATO-Veranstaltung „Rear Area Conference“ am 17. und 18. September 2019 im Ulmer „Leonardo Royal Hotel“ – Gruppenfoto und Blick in den Tagungssaal.
(Fotos: Bastian Süpple/PAO MN JHQ)

Kleines Beitragsbild: Generalleutnant Jürgen Knappe (Mitte), „double-hatted“-Befehlshaber des MN JHQ und des JSEC, beide Dienststellen in der Wilhelmsburgkaserne in Ulm beheimatet. Neben Knappe (links) der griechische Generalleutnant Vasileios Garmpis aus dem Brüsseler NATO-Hauptquartier, rechts Vizeadmiral Joachim Rühle, der Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr.
(Foto: Gina Seegert/PAO MN JHQ)


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