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Berlin/Herzogenrath. Der Erwerb von Beteiligungen an sicherheitsrelevanten Unternehmen wird künftig intensiver geprüft. Wie es in der von der Bundesregierung vorgelegten „Zwölften Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung“ vom 18. Januar dieses Jahres heißt, erfolgen Investitionsprüfungen künftig bereits bei einem beabsichtigten Erwerb von zehn Prozent der Stimmrechte. Bisher waren es 25 Prozent. Die Neuregelung gilt für Erwerbe von Anteilen an bestimmten verteidigungsrelevanten Unternehmen sowie an Unternehmen im Bereich bestimmter ziviler sicherheitsrelevanter Infrastrukturen.

Erinnert sich der ein oder andere unserer Leser noch an den Namen „Aixtron“? Im Jahr 2016 wollte der chinesische Investor Fujian Grand Chip Investment den Halbleiter-Anlagenbauer aus Herzogenrath bei Aachen kaufen. Für 676 Millionen Euro. Doch daraus wurde nichts …

Die Anlagen des Spezialmaschinenbauers Aixtron können für die kommenden Megatrends produzieren. Die Fachzeitschrift Börse Online zählte einmal auf: „Von Lasern für 3D-Erkennung in Smartphones über Chips für den kommenden Mobilfunkstandard 5G, die Stromversorgung in Elektroautos bis hin zu neuesten LED-Bildschirmen.“ Kein Wunder, dass chinesische Investoren die mittelständische deutsche Firma auf dem Einkaufszettel hatten.

Hätte ein Verkauf die nationale Sicherheit gefährden können?

Eigentlich war die Übernahme bereits „in trockenen Tüchern“. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hatte die erforderliche Unbedenklichkeitsbescheinigung erteilt.

Matthias Naß, internationaler Korrespondent und Experte für die Entwicklung Südostasiens und Chinas, hatte im vergangenen Jahr für einen Beitrag über die chinesische Investitionswelle in Deutschland intensiv recherchiert und dazu auch Aixtron beobachtet. In seinem Beitrag, erschienen am 8. Mai 2018 in der ZEIT, beschreibt er offensichtlich eine Trendwende: „Aber dann erreichten Berlin Informationen, wohl über amerikanische Geheimdienste, wonach Aixtron bei der Chipherstellung über ein Wissen verfüge, das auch sicherheitsrelevante Technologien umfasse. Im September 2016 widerrief der damalige Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel die Unbedenklichkeitserklärung seines Ministeriums.“

Am 24. Oktober 2016 informierte das Herzogenrather Unternehmen in einer Ad-Hoc-Mitteilung die Aktionäre: „Aixtron SE […], ein weltweit führender Hersteller von Depositionsanlagen für die Halbleiterindustrie, gibt bekannt, dass das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gegenüber der Fujian Grand Chip Investment Fund LP, als mittelbarer Gesellschafterin der Grand Chip Investment GmbH, seine am 8. September 2016 in Bezug auf das Übernahmeangebot der Grand Chip Investment GmbH erteilte Unbedenklichkeitsbescheinigung widerrufen und eine Wiederaufnahme des Prüfverfahrens angekündigt hat.“

Da Aixtron eine Tochtergesellschaft im kalifornischen Silicon Valley hatte, überprüfte auch der US-Regierungsausschuss für Auslandsinvestitionen (Committee on Foreign Investment in the United States, CFIUS) den Verkauf und kam zu dem Ergebnis, die Übernahme gefährde die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten. Dazu Naß in der ZEIT: „Die Chips, die auf den Anlagen von Aixtron in den USA hergestellt werden, kommen auch in Rüstungsgütern für die amerikanischen Streitkräfte zum Einsatz. Im Dezember 2016 legte schließlich Präsident Barack Obama sein Veto gegen den Verkauf an die chinesischen Investoren ein. Der Deal wurde abgesagt.“

Künftig wesentlich strengere Prüfungen bei Übernahmeangeboten

Vom Wendepunkt „Aixtron“ zurück zur aktuellen Entscheidung der Bundesregierung. In einer Presseerklärung vom 19. Dezember zur beschlossenen Änderung der Außenwirtschaftsverordnung durch das Bundeskabinett heißt es: „Wenn deutsche Unternehmen durch ausländische Investoren übernommen werden sollen, wird das künftig strenger geprüft. So soll die Bundesregierung frühzeitig mitentscheiden können, ob legitime Sicherheitsinteressen Deutschlands betroffen sind.“

Grundsätzlich begrüße es die Bundesregierung, wenn ausländische Firmen in Deutschland investierten, so wird versichert. Dies stärke den Wirtschaftsstandort und sei Ausdruck seiner Attraktivität. Solche Investitionen dürften aber deutsche Sicherheitsinteressen keinesfalls beeinträchtigen. Deshalb könne die Bundesregierung in bestimmten Fällen Unternehmenserwerbe durch ausländische Investoren überprüfen und notfalls untersagen.

Bereiche „Verteidigung“ und „Kritische Infrastrukturen“ besonders geschützt

Mit der Änderung der Außenwirtschaftsverordnung werden die Hürden für Übernahmen in besonders sensiblen Bereichen nun wesentlich höher. Will künftig ein außereuropäischer Investor mindestens zehn Prozent der Anteile eines deutschen Unternehmens erwerben, kann die Bundesregierung den Vorgang prüfen. Bislang betrug die Prüfschwelle 25 Prozent der Firmenanteile.

Der abgesenkte Schwellenwert bezieht sich nur auf Unternehmen, die für die Sicherheit Deutschlands entscheidend sind – etwa im Bereich der Verteidigung oder der sogenannten Kritischen Infrastrukturen (KI). Der Pressetext der Regierung erläutert: „Dazu zählen Energieversorger, aber auch Lebensmittelproduzenten ab einer bestimmten Größe. Auch für Unternehmen der Medienwirtschaft gelten künftig die verschärften Regeln. Das soll verhindern, dass deutsche Medien bei Übernahme durch ausländische Investoren für Desinformation genutzt werden können.“


Zu unserer Symbolaufnahme „Aixtron“: Der Hersteller von Depositionsanlagen für die
Halbleiterindustrie, das Herzogenrather Unternehmen Aixtron SE, stand im Oktober 2016 kurz vor der Übernahme durch einen chinesischen Investor. Das Bundeswirtschaftsministerium stoppte den Deal auf der Zielgeraden.
(Foto: Aixtron SE)

Kleines Beitragsbild: Schriftzug an der Aixtron-Zentrale in Herzogenrath.
(Foto: Aixtron SE)


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