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Oldenburg/Wilhelmshaven. Terrorangriff auf hoher See! In der Nordsee haben am gestrigen Donnerstag (22. August) Polizeikräfte mit Unterstützung der deutschen Marine die Befreiung eines von Terroristen gekaperten Schiffes geprobt. Das Szenario der Großübung, die von der Polizeidirektion Oldenburg unter der Bezeichnung NITEX („Niedersächsische Terrorismusabwehr Exercise“) durchgeführt wurde, sah einen geplanten Anschlag auf die Hafenanlagen in Wilhelmshaven vor. Es war dies das erste Mal, dass Bundeswehr und Polizei bei der Bewältigung einer angenommenen terroristischen Bedrohungslage im maritimen Bereich zusammenarbeiteten.

An NITEX waren unter Führung der Polizeidirektion Oldenburg, die für die Bewältigung von maritimen Bedrohungslagen im niedersächsischen Küstengebiet verantwortlich ist, zahlreiche Landes- und Bundesbehörden sowie Organisationen beteiligt: Wasserschutzpolizeiinspektion Oldenburg, Nordverbund des Spezialeinsatzkommandos (SEK), GSG 9, Bundespolizei, Niedersächsische Hafenbehörde sowie Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger. Die deutsche Marine unterstützte die ressortübergreifende Anti-Terror-Übung mit dem Einsatzgruppenversorger „Bonn“ und Hubschraubern des Typs Sea King.

Vizeadmiral Andreas Krause, der Marineinspekteur, machte auf Twitter darauf aufmerksam: „Es wird oft vergessen, dass zwölf Seemeilen des deutschen Territoriums ,nass‘ sind. Auch dort gibt es Schnittstellen. Wir üben gemeinsam, um euch zu schützen.“

Maritimer Anschlag trotz aller Sicherheitsmaßnahmen nie ganz auszuschließen

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius verfolgte das Geschehen an Bord des Einsatzgruppenversorgers. Er sagte später den Pressevertretern: „Ein Terroranschlag wie der des heutigen Szenarios ist trotz der sorgfältigen Arbeit der Sicherheitsbehörden nie ausgeschlossen. Umso wichtiger war diese Übung, um für ein solches Szenario bestmöglich vorbereitet zu sein und die Menschen schützen zu können.“ Die Übung NITEX habe „in einer sehr außergewöhnlichen Situation“ alle „relevanten Systeme der Sicherheitsbehörden“ erfolgreich testen können, so der SPD-Politiker.

Hamburger Museumsschiff „Cap San Diego“ als Zieldarsteller

Am Tag vor NITEX hatte bereits eine Stabsrahmenübung stattgefunden, bei der der Übungseinsatz am 22. August konzeptionell und logistisch unter Führung der Polizeidirektion Oldenburg vorbereitet worden war. Insbesondere waren bei diesem Vorlauf – in Annahme einer terroristischen Gefahrenlage – die Genehmigungsabläufe zwischen Polizei und Bundeswehr geprobt worden. Daran waren auch die Polizeiinspektionen Cuxhaven sowie Wilhelmshaven-Friesland beteiligt.

In dem späteren NITEX-Szenario sollte ein Frachtschiff unter deutscher Flagge von Terroristen gekapert werden (bei dem Schiff handelte es sich um die „Cap San Diego“, größtes fahrtüchtiges Museums-Frachtschiff der Welt mit Liegeplatz an der Überseebrücke in Hamburg; die „Cap San Diego“ war extra für diese Übung gechartert worden). Spezialeinsatzeinheiten der Polizei, die vom Einsatzgruppenversorger der Marine zu Wasser gelassen wurden, sollten danach den Frachter befreien. Dies gelang eindrucksvoll: SEK-Kräfte nahmen die „Cap San Diego“ ein stellten die Sicherheit an Bord wieder her.

Einsätze auf hoher See auch für SEK-Spezialisten eine besondere Herausforderung

Johann Kühme, Präsident der Polizeidirektion Oldenburg, äußerte sich danach bei der Lagebesprechung über die Befreiungsaktion: „Einsätze auf hoher See stellen auch für unsere erfahrenen SEK-Beamten eine besondere Herausforderung dar. Insofern war es mir wichtig, dass die Spezialeinsatzkräfte die Übung durchführen können. Sie erhalten durch dieses Training wertvolle Erkenntnisse.“ Der Polizeipräsident lobte ausdrücklich das Zusammenspiel der im Nordverbund zusammengeschlossenen Spezialeinsatzkommandos aus Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein bei NITEX.

Die Zusammenarbeit über Landes- und Behördengrenzen hinweg habe bei NITEX insgesamt ausgezeichnet funktioniert, urteilte Kühme. Die Anti-Terror-Übung habe viele Erfahrungswerte geliefert, durch welche die Einsatz- und Handlungssicherheit für alle beteiligten Behörden, Organisationen und Einheiten gestärkt worden seien.

Insgesamt waren an NITEX rund 400 polizeiliche Einsatzkräfte beteiligt. 29 Wasserfahrzeuge und vier Hubschrauber kamen zum Einsatz.

Innere Sicherheit ist und bleibt Aufgabenbereich der Polizei

Innenminister Pistorius zog nach der Übung bei der gemeinsamen Pressekonferenz ebenfalls ein positives Fazit. Die Übung habe gezeigt, dass die Polizei für den Ernstfall sehr gut aufgestellt sei, lobte der Minister. Gleichwohl habe NITEX auch bestätigt, dass die Polizei bei der Bewältigung einer terroristischen Bedrohungslage im maritimen Bereich unter Umständen sowohl in personeller als auch logistischer Hinsicht auf die Unterstützung der Marine angewiesen sein könnte. „In einem solchen Katastrophenfall würden wir unter den geltenden Voraussetzungen des Grundgesetzes auf jede sinnvolle Unterstützung zurückgreifen, die etwa seitens der Bundeswehr bereitsteht.“ Pistorius erinnerte aber zugleich daran, dass für die innere Sicherheit zuallererst die Polizei zuständig sei.

Ein Einsatz der Bundeswehr im Innern nach Artikel 35 (Absatz 2) des Grundgesetzes ist nur bei einer Naturkatastrophe oder bei einem besonders schweren Unglücksfall zur Hilfeleistung zulässig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann ein besonders schwerer Unglücksfall unter bestimmten Voraussetzungen auch bei der unmittelbar drohenden Gefahr von Terroranschlägen vorliegen.


Unser Bildmaterial von der Großübung NITEX:
1. Spezialkräfte der Polizei warten an Bord des Einsatzgruppenversorgers „Bonn“ auf den Befehl zur Befreiungsaktion.
(Foto: Polizeidirektion Oldenburg)

2. Die deutsche Marine beteiligte sich an NITEX auch mit Hubschraubern des Typs Sea King. Rechts im Bild der Befehlshaber der Flotte, Vizeadmiral Rainer Brinkmann, der den simulierten Terror-Abwehr-Einsatz vor Ort aufmerksam verfolgte.
(Foto: Deutsche Marine)

3. Pressekonferenz mit (von links) Johann Kühme (Präsident der Polizeidirektion Oldenburg), Boris Pistorius (Innenminister Niedersachsens), Flottillenadmiral Ralf Kuchler (Kommandeur Einsatzflottille 2 in Wilhelmshaven; der Einsatzgruppenversorger A1413 „Bonn“ gehört – wie die anderen beiden Versorger A1411 „Berlin“ und A1412 „Frankfurt am Main“ – zum Trossgeschwader in Wilhelmshaven), Nicole Rügenhagen (Leiterin SEK Niedersachsen) sowie Friedo de Vries (Präsident des Landeskriminalamtes Niedersachsen).
(Foto: Sven Hoppmann/Polizeidirektion Oldenburg)

Kleines Beitragsbild: Das frühere Fracht- und heutige Museumsschiff „Cap San Diego“ wurde eigens für die Anti-Terror-Übung in der Nordsee gechartert.
(Foto: Sven Hoppmann/Polizeidirektion Oldenburg)


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