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Berlin. Im vergangenen Jahr wurden 784 Soldaten wegen einer einsatzbedingten psychischen Erkrankung in einer psychiatrischen Abteilung oder psychiatrischen Fachuntersuchungsstelle der Bundeswehr untersucht, behandelt oder begutachtet. 2016 waren es 751 Soldaten gewesen. Diese Zahlen nennt der „Jahresbericht 2017“ des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages. Wehrbeauftragter Hans-Peter Bartels schreibt: „Bei vielen Soldatinnen und Soldaten haben sich die Erkrankungen mittlerweile chronifiziert, was die Behandlungszeiten deutlich erhöht. Es stellt sich deshalb die Frage, ob die Bundeswehr den bestehenden Behandlungsbedarf noch adäquat befriedigen kann.“ Am heutigen Dienstagabend (20. Februar) berichtete der MDR im Politmagazin „FAKT“ über das Thema. Unter den Patienten mit psychischer Einsatzerkrankung seien 605 Bundeswehrangehörige, die an einer Posttraumatischen Belastungsstörung – kurz PTBS – litten, so der MDR. Im Jahr 2016 seien es insgesamt 557 PTBS-Fälle gewesen.

Neben der Posttraumatischen Belastungsstörung gewinnen andere einsatzbedingte psychische Störungen wie Depressionen, Anpassungsstörungen und Suchterkrankungen an Bedeutung. Dazu der Wehrbeauftragte in seinem aktuellen Jahresbericht: „Nach Einschätzung des Psychotraumazentrums der Bundeswehr ist dies auf die Zunahme moralisch belastender Situationen im Einsatz – wie das Erleben von Armut, Bürgerkriegen und Gräueltaten – zurückzuführen. Auch familiäre Konflikte bedingt durch die Trennung aufgrund eines Einsatzes spielen eine Rolle.“

Gerade Depressionen oder auch Suchterkrankungen führen nach Ansicht der Experten nicht selten bei einer Chronifizierung zu massivem körperlichem Verfall. Insofern sei es zu begrüßen, so Bartels, dass das seit Mai 2010 am Bundeswehrkrankenhaus Berlin tätige „Zentrum für Psychiatrie und Psychotraumatologie/Psychotraumazentrum“ nun ein Depressions- und Suizidpräventionsprojekt in zivil-militärischer Zusammenarbeit ins Leben gerufen habe.

Einbeziehung der Familie in den gesamten Heilungs- und Rehabilitationsprozess

Das Berliner Projekt soll helfen, einen Anstieg depressiver Erkrankungen, die in einigen Fällen auch mit Suizidalität einhergehen, zu verhindern. Von besonderer Bedeutung sind in diesem Zusammenhang auch die Erforschung der Belastung von Lebenspartnern und Kindern traumatisierter Soldaten sowie die entsprechende Entwicklung von therapeutischen Angeboten durch das Psychotraumazentrum. Der Wehrbeauftragte fordert: „Die Fürsorge des Dienstherrn darf sich nicht auf die Rehabilitation der erkrankten Bundeswehrangehörigen beschränken.“

Am 5. Dezember vergangenen Jahres haben der Wehrbeauftragte sowie der Deutsche Bundeswehr-Verband und seine „Soldaten und Veteranen Stiftung“ anlässlich des „6. Berliner Psychotraumakolloquiums“ in einer gemeinsamen Erklärung weitere Verbesserungen im Bereich der Betreuung und Versorgung psychisch einsatzgeschädigter Soldaten und ihrer Familien gefordert.

Dazu gehört nach Ansicht der Initiatoren vor allem die Einbeziehung der Familien in den gesamten Heilungs- und Rehabilitationsprozess „innerhalb eines institutionalisierten und finanzierten Rahmens“. Gefordert wird auch die Erweiterung des Leistungsangebots der unentgeltlichen truppenärztlichen Versorgung um innovative Behandlungsmethoden, wie etwa tiergestützte Therapien, soweit sie wissenschaftlich evaluiert sind.

Wehrbeauftragter Bartels und die Verbandsvertreter plädieren schließlich für eine Stärkung der Wehrpsychiatrie durch ein eigenes Budget zur Förderung der klinischen Forschung der Bundeswehr.


Zu unserem Bildangebot:
1. Künstlermotiv für den „Nationalen Gedenkmonat“ der US-Luftwaffe zu Ehren der Kameraden mit Posttraumatischen Belastungsstörungen.
(Foto: Erica Fowler/U.S. Air Force)

2. Infografik zur Entwicklung der PTBS-Behandlungskontakte bei der Bundeswehr im Zeitraum 2004 bis 2016. Das Hintergrundbild vom 7. April 2011 zeigt einen deutschen Soldaten auf Patrouille im nordafghanischen Mazar-e Sharif.
(Foto: Jonathan David Chandler/U.S. Army)

Kleines Beitragsbild: Die Aufnahme mit dem Ärmelemblem des Sanitätsdienstes der Bundeswehr wurde am 10. Juni 2017 beim „Tag der Bundeswehr“ in Füssen gemacht.
(Foto: Christian Kovacs/Bundeswehr)


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