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Berlin/Kaunas (Litauen)/Wunstorf. Es war die erste Dienstreise der Verteidigungsministerin mit dem Militärtransporter A400M Atlas der deutschen Luftwaffe. Die Reise in der neuen Airbus-Maschine am Dienstag dieser Woche (7. Februar) endete in Kaunas in Litauen – als PR-Gau. Nach der Landung war an einem der vier Triebwerke der „54+07“ großflächig ausgetretenes Öl zu sehen, für die mitgereisten Medienvertreter ein dankbares Bildmotiv. Die erst am 15. Dezember vom Hersteller an Deutschland ausgelieferte nagelneue Maschine hatte mit einem Hydraulikschaden – zumindest an diesem besonderen Tag – überraschend den Dienst quittiert. Ministerin Ursula von der Leyen, die im rund 40 Kilometer von Kaunas entfernten Militärstützpunkt Rukla die von der Bundeswehr geführte NATO-Battlegroup besuchte, flog später mit ihrer Delegation und dem Pressetross in einer Transall zurück nach Berlin. Die Luftwaffe hatte die gute alte „Trall“ in Bereitschaft gehalten. A400M-Hersteller Airbus zeigte sich über die Panne mit der „54+07“ entsetzt.

Ein Sprecher des Unternehmens versicherte am nächsten Tag, dass Airbus es sehr bedauere, dass die Verteidigungsministerin und ihre Begleitung aufgrund des Ausfalls der A400M erhebliche Reiseeinschränkungen habe hinnehmen müssen.

Weiter heißt es in einem Airbus-Statement, welches das bundeswehr-journal am Mittwoch erhielt: „Wie dieser Ausfall zustande kam, muss jetzt geklärt werden. Wir setzen alles daran, dazu unseren Beitrag zu leisten. Wir haben eine unserer Airbus-Piloten-Crews bereitgestellt, die bei der Überführung der defekten Maschine hilft. Zudem sind wir mit dem Verteidigungsministerium im Austausch und werden die Bundeswehr bei der anstehenden Fehleranalyse und -behebung nach Kräften unterstützen.“ Das A400M-Programm habe im Unternehmen „oberste Priorität“, versichert Airbus in dieser Erklärung.

Wie uns die Presseabteilung von Airbus Defence and Space am gestrigen Freitag außerdem mitteilte, ist die beschädigte „54+07“ inzwischen von Kaunas nach Wunstorf zum Lufttransportgeschwader 62 zurückgeflogen worden und dort gegen 12:30 Uhr sicher gelandet.

Airbus verweist auf große Qualitätsverbesserungen beim A400M

Auch wenn Airbus in seiner Stellungnahme den Blick abschließend noch auf die Habenseite des Beschaffungsprojekts lenkt („Die gesamte A400M-Flotte hat bislang mehr als 15.000 Flugstunden absolviert. Das Programm ist eines der größten Verteidigungsprojekte in Europa und beschäftigt dort mehr als 40.000 Menschen. Wir haben im letzten Jahr große Fortschritte erzielt, was die Qualität und Anzahl der ausgelieferten Flugzeuge angeht.“), so überwiegt auf beiden Seiten – beim Hersteller und beim Kunden – doch der Frust.

Medienvertreter in Berlin zitierten jetzt aus einem als vertraulich eingestuften Papier des Bundesverteidigungsministeriums, das die Frage des Schadenersatzes für verspätet ausgelieferte Militärtransporter A400M an die Bundeswehr zum Gegenstand hat. Angefragt hatte dazu die Bundesregierung der Obmann im Haushaltsausschuss des Bundestags für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Tobias Lindner. Sein Büro wollte auf unsere Anfrage hin mit Hinweis auf die Einstufung der Regierungsantwort keine Inhalte mitteilen. Wir orientieren uns deshalb an den Zahlen, die beispielsweise von der BILD-Zeitung oder der Deutschen Presse-Agentur genannt werden.

Verteidigungsministerium fordert rund 40 Millionen Euro Schadenersatz

Demnach sollen bereits für vier verspätet an die deutsche Luftwaffe ausgelieferte A400M-Maschinen 27,2 Millionen Euro über die Organisation für Rüstungskooperation OCCAR wieder an den Bundeshaushalt zurückgeflossen sein (wir haben bereits am 2. August 2016 über das Thema „Schadenersatzzahlungen“ berichtet). Für sechs der bis jetzt insgesamt gelieferten acht Transporter will das Verteidigungsministerium vom Airbus-Konzern rund 40 Millionen Euro Verzugsentschädigung haben.

Gestritten wird zwischen dem Ministerium und Airbus heftig über Schadenersatzforderungen für den ersten deutschen A400M („54+01“), der am 19. Dezember 2014 an die Bundeswehr ausgeliefert worden ist. Der Hersteller besteht darauf, dass die Lieferverspätung lediglich 18 Tage betragen habe. Das BMVg spricht von drei Jahren.

Am heutigen Samstag rundete Spiegel online das desaströse Bild der deutschen „Pannenflieger“ noch mit der Meldung über den Klarstand der A400M ab. Man mag es kaum glauben: Nur ein Airbus-Transporter der Luftwaffe kann momentan noch starten, die anderen sieben Maschinen werden derzeit repariert oder gewartet.

Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums bestätigte den Spiegel-Bericht gegenüber anderen Medien. Sieben Flugzeuge seien „nach Stand vom Freitag“ entweder wegen regulärer Wartungs- oder Ausrüstungsmaßnahmen nicht einsatzbereit oder „zur Behebung von Störungen“ am Boden.

Neue Lösungen im Rahmen der europäischen Verteidigungskooperation

Wie das alles nun noch mit einem Plan der Verteidigungsministerin vereinbar sein soll, über den die Süddeutsche Zeitung (SZ) am 6. Februar berichtet hat, bleibt schleierhaft. An diesem Montag erfuhren die Leser von Christoph Hickmann, Korrespondent in der Berliner Parlamentsredaktion der SZ, dass die deutsche Luftwaffe sogar mehr A400M-Militärtransporter erhalten soll als ursprünglich geplant.

Um dazu den Hintergrund zu erhellen, bedarf es eines kurzen Schwenks zurück ins Jahr 2011. Im Januar 2011 hatte der Haushaltsausschuss des Bundestages den Kompromiss zwischen Bundesregierung und Airbus (damals EADS) zur Finanzierung des inzwischen wesentlich teurer gewordenen Rüstungsvorhabens „A400M“ gebilligt, nach dem Deutschland aus Kostengründen nur noch 53 Maschinen abnehmen musste. 40 Exemplare sollte die Luftwaffe erhalten, die übrigen 13 sollten an andere Länder weiterverkauft werden. Endabnehmer konnten bis jetzt allerdings noch nicht gefunden werden. (Ursprünglich waren Ende 2001 von der damaligen rot-grünen Regierungskoalition sogar 73 Flugzeuge in Auftrag gegeben worden; später war die Bestellung erst auf 60 und dann auf 53 Maschinen reduziert worden).

Wie der SZ-Korrespondent schreibt, ist nun ein „erheblicher Teil“ dieser 13 Maschinen offenbar für die Bundeswehr vorgesehen. Der andere Teil sei weiterhin für den Verkauf an andere Länder bestimmt, solle jedoch im Rahmen der europäischen Verteidigungskooperation in Deutschland stationiert werden. Hickmann erklärt: „Dadurch müssten die infrage kommenden Staaten nicht in ihre Infrastruktur investieren, sondern könnten etwa bei Ausbildung, Wartung und Betrieb auf die Bundeswehr zurückgreifen.“

Eine offizielle Bestätigung für diese Informationen habe es vom Verteidigungsministerium bislang noch nicht gegeben. Konkret liefen derzeit aber Sondierungsgespräche mit „drei Nationen, darunter Tschechien und die Schweiz“, so die Tageszeitung.


Zu unserem Bildmaterial:
1. Der Airbus mit der Kennung „54+07“, der Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und ihre Begleitung nach Kaunas in Litauen brachte und dort mit einem Triebwerkschaden ausfiel, war erst am 15. Dezember 2016 an das Lufttransportgeschwader 62 im niedersächsischen Wunstorf ausgeliefert worden.
(Foto: Katharina Kobienia/LTG 62/Luftwaffe)

2. Das Hintergrundbild unserer Übersicht über die bislang ausgelieferten deutschen A400M zeigt eine Airbus-Maschine am 2. Juni 2016 über dem Berliner ILA-Messegelände.
(Foto: Kevin Schrief/Bundeswehr)

Kleines Beitragsbild: Der Airbus A400M „54+07“, der im litauischen Kaunas mit einem Hydraulikschaden den Dienst versagte, ist mittlerweile wieder zum Heimatgeschwader in Wunstorf zurückgekehrt.
(Foto: Katharina Kobienia/LTG 62/Luftwaffe)


Kommentare

  1. Dennis | 21. Mai 2017 um 14:59 Uhr

    Ich verstehe es einfach nicht! Die U.S. Air Force hat die C-17 und die C-5 – warum schafft man nicht einfach etwas an, was schon ausgereift ist, statt die vielen Millionen Euro aus dem Fenster zu hauen?
    Mit dem A400M zu arbeiten ist die eine Sache, aber die andere Sache ist, dass dieses Flugzeug viel zu viele Probleme bereitet.

    Einfach mal darüber nachdenken, was das Wirtschaftlichste für UNS ist! …

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