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Berlin/Oslo. Die deutsche und die norwegische Marine werden eine „umfassende strategische Partnerschaft“ eingehen und künftig nicht nur zusammen Uboote entwickeln, beschaffen und betreiben. Die Seestreitkräfte beider Länder wollen jetzt auch einen gemeinsamen Seezielflugkörper nutzen, der von der norwegischen Kongsberg-Gruppe gefertigt wird. Dies geht aus einem Pressetext hervor, den das Bundesministerium der Verteidigung am heutigen Montag (13. Februar) in seinem Onlineportal veröffentlicht hat. Zeitgleich bestätigte Norwegens Ministerpräsidentin Erna Solberg in Oslo in einer Pressekonferenz, an der auch Verteidigungsministerin Ine Eriksen Søreide sowie Vertreter von Kongsberg teilnahmen, die binationalen Planungen. Die Detailverhandlungen zwischen den beiden Vertragspartnern sollen nach Auskunft des BMVg „in Kürze“ beginnen, das Abkommen zwischen Deutschland und Norwegen danach „noch in diesem Sommer“ geschlossen werden.

Wie wir am 4. Februar berichteten, wollen Deutschland und Norwegen bald gemeinsam sechs identische Unterseeboote ordern – zwei Boote für die deutsche und vier für die norwegische Marine. Der Hauptauftragnehmer wird ThyssenKrupp Marine Systems in Kiel sein. Darüber hinaus wollen beide Länder ihre bereits enge Kooperation in der Unterwasserkriegsführung vertiefen (weitere Details siehe hier).

Schon bei diesem „Uboot-Deal“ hat sich angedeutet, dass im Gegenzug die norwegische Rüstungsindustrie mit einem Großauftrag aus Berlin wird rechnen können. Ministerpräsidentin Solberg bestätigte dies nun bei der Pressekonferenz in Oslo und sagte, Deutschland wolle eine „signifikante Anzahl“ von Seezielflugkörpern in Norwegen kaufen. Das Auftragsvolumen werde sich auf rund zehn Milliarden Norwegische Kronen (umgerechnet 1,12 Milliarden Euro) belaufen.

Bei den norwegischen Seezielflugkörpern handelt es sich um den Typ Naval Strike Missile (NSM) der Kongsberg-Sparte „Defence Systems“. Die Kongsberg-Gruppe ist das größte norwegische Rüstungsunternehmen.

Das Waffensystem mit Tarnkappeneigenschaften, das unter anderem speziell für küstennahe Operationen ausgelegt ist, wird nicht nur von den Streitkräften Norwegens eingesetzt. Auch die Marinen Polens und Malaysias verwenden mittlerweile die NSM.

Ein wichtiges Zeichen für eine engere Zusammenarbeit in Europa

In seiner Pressemitteilung nennt das Bundesverteidigungsministerium Hintergründe der vereinbarten maritimen strategischen Partnerschaft. Dazu heißt es: „Die angestrebte Zusammenarbeit basiert auf miteinander abgestimmten, gleichen Forderungen beider Marinen. Der Bedarf zum Ersatz beziehungsweise zur Modernisierung älterer Lenkflugkörper liegt in Deutschland und Norwegen zeitlich eng beieinander. So müssen die derzeit genutzten Flugkörper Harpoon im kommenden Jahrzehnt ersetzt werden. Auch die Anforderungen beider Marinen an die Waffensysteme sind identisch. Dies bildet die Basis für Synergien und Kosteneffekte.“

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen sagte in Berlin, diese Rüstungskooperation werde die intensive Partnerschaft beider Länder auf eine neue Stufe heben. „Die Kooperation stärkt die Fähigkeiten unserer Marine, ist ein wichtiges Zeichen für eine engere Zusammenarbeit in Europa und zeigt, dass eine wirklich gemeinsame Entwicklung und Beschaffung von gleichen Waffensystemen möglich ist“, so die CDU-Politikerin wörtlich.

Norwegen besitzt anerkannte Expertise in der Schlüsseltechnologie „Flugkörper“

Konkret geht es bei der deutsch-norwegischen Flugkörper-Kooperation darum, die bewährte Naval Strike Missile unter Führung Norwegens, das eine anerkannte Expertise in seiner Schlüsseltechnologie „Flugkörper“ besitzt, weiterzuentwickeln. Dabei sollen die jeweiligen technologischen und militärischen Stärken der beiden Partnernationen einander ergänzen.

Der gemeinsame künftige Lenkflugkörper soll schließlich die Basis für eine enge und langfristige Zusammenarbeit beider Länder bei Wartung, Ausbildung und Logistik bilden. Es sei beabsichtigt, so erklärte das BMVg, damit die „dringend erforderlichen Fähigkeiten der deutschen Marine effektiv im europäischen Rahmen zu stärken“.

Naval Strike Missile auch für die neuen deutschen Mehrzweckkampfschiffe

Als erstes Schiff der deutschen Marine soll das Mehrzweckkampfschiff 180 (MKS 180) mit dem gemeinsamen Flugkörper ausgerüstet werden. Langfristig werden alle Fregatten beider Marinen die Waffe Naval Strike Missile als Standardsystem erhalten.

Dies bedeutet im Umkehrschluss für die Korvetten der deutschen Marine, dass es hier wohl bei der Bewaffnung RBS15 Mk3 bleiben wird. Der Flugkörper von Diehl BGT Defence und Saab Bofors Dynamics hatte sich nach einem Einsatztest im Zeitraum 27. April bis 2. Mai 2015 als Hauptwaffe der deutschen Korvetten qualifiziert. Die „volle Einsatzbereitschaft“ war von der Marineführung am 31. August 2016 gemeldet worden (wir berichteten).


Unser Bildmaterial zeigt:
1. Test einer Kongsberg Naval Strike Missile am 23. September 2014. Der norwegische Seezielflugkörper wurde vor der Küste Südkaliforniens von Bord der „USS Coronado“, einem Schiffstyp für küstennahe Gefechtsführung (Littoral Combat Ship, LCS), abgefeuert.
(Foto: Zachary Bell/U.S. Navy)

2. Pressekonferenz in Oslo am 13. Februar 2017 zur beabsichtigten norwegisch-deutschen Kooperation. Von links: Geir Håøy, Vorstandsvorsitzender der Kongsberg-Gruppe, Norwegens Ministerpräsidentin Erna Solberg, Norwegens Verteidigungsministerin Ine Eriksen Søreide sowie Eirik Lie, Präsident der Kongsberg-Division „Defence Systems“.
(Foto: KONGSBERG Gruppen)

Kleines Beitragsbild: Computergrafik eines NSM-Seezielflugkörpers.
(Bild: KONGSBERG Gruppen)


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