menu +

Nachrichten



Washington/Kabul. Die NATO-geführten Truppen und das US-Truppenkontingent in Afghanistan werden in Kürze einen neuen Oberbefehlshaber bekommen. Generalleutnant John W. „Mick“ Nicholson Jr., derzeit Kommandeur des NATO-Hauptquartiers der Alliierten Landstreitkräfte im türkischen Izmir, wird Nachfolger von John F. Campbell. Dieser hatte das Kommando über die damals rund 41.000 ISAF-Soldaten am 26. August 2014 in der afghanischen Hauptstadt Kabul von seinem Vorgänger Joseph F. Dunford übernommen. Campbell, letzter ISAF-Kommandeur, war auch verantwortlich gewesen für die erfolgreiche Überführung der Kampfmission in die Folgemission „Resolute Support“. Der ISAF-Einsatz endete am 31. Dezember 2014. Die Personalentscheidung von Präsident Barack Obama verkündete Peter Cook, Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, am 27. Januar in Washington bei einer Pressekonferenz.

Cook beschrieb Nicholson Jr. als einen Soldaten mit ausgeprägten Führungserfahrungen in Afghanistan und anderen weltweiten Einsätzen. Verteidigungsminister Ashton Carter sei „absolut zufrieden“ mit der Entscheidung Obamas, den Heeresoffizier zum Nachfolger Campbells zu machen.

Der US-Senat muss der Ernennung Nicholsons zum neuen Commander der „Resolute Support Mission“ und der U.S. Forces Afghanistan sowie der damit verbundenen Beförderung zum Vier-Sterne-General noch zustimmen. Der Kandidat stellte sich bereits am 28. Januar bei einer Anhörung im Streitkräfteausschuss des Senats den zahlreichen Fragen der Politiker.

Afghanistan „kein sicherer Hafen mehr“ für die Terrorkräfte von al-Qaida

Pressesprecher Cook zitierte in Washington vor den Medienvertretern mehrfach Minister Carter. Dieser sei fest überzeugt davon, dass Nicholson „die exzellente Arbeit“ seines Vorgängers Campbell erfolgreich fortführen werde. Im Mittelpunkt aller Anstrengungen stünden nach wie vor zwei übergeordnete Ziele. Zum einen gehe es um die Zukunft Afghanistans schlechthin. Zum anderen darum, die afghanische Regierung auf ihrem Weg hin zu einem verlässlichen Sicherheitspartner auch weiterhin nach Kräften zu unterstützen.

Ausdrücklich habe der Verteidigungsminister seinem derzeitigen obersten Soldaten in Afghanistan gedankt, so Cook. John F. Campbell habe nach Ansicht von Carter in den vergangenen 17 Monaten bei der Durchführung des „Resolute Support“-Einsatzes „bemerkenswerte Führungseigenschaften und außergewöhnliches Engagement“ bewiesen. Der Minister würdigte besonders Campbells militärische Leistungen im Kampf gegen al-Qaida. Seiner Entschlossenheit sei es maßgeblich zu verdanken, das Afghanistan kein „sicherer Hafen“ mehr für die Terrororganisation sei. Campbells Verdienst sei es zudem, dass die afghanischen Sicherheitskräfte inzwischen über die notwendigen Kapazitäten und Fähigkeiten für die Auseinandersetzung mit den Regierungsgegnern verfügten.

Zwischenstationen Würzburg, Schweinfurt und Garmisch-Partenkirchen

U.S. Army General John W. Nicholson Jr. begann nach dem erfolgreichen Abschluss der Militärakademie West Point seinen Truppendienst 1983 in einer Infanterieeinheit (82. Airborne Division). In den folgenden Jahren führte der Offizier Heeresteile aller Größenordnungen – von der Zug- bis hin zur Divisionsebene. Dabei waren ihm Einheiten und Verbände unterschiedlicher Waffengattungen der U.S. Army unterstellt, darunter Luftlande- und Rangertruppen.

In den 1990er-Jahren diente Nicholson auch fünf Jahre in Europa, dabei unter anderem 1997 im Rahmen der NATO-Mission IFOR (Implementation Force) in Sarajevo, Bosnien-Herzegowina. 1994 bis 1996 führten ihn Kommandierungen nach Würzburg und Schweinfurt. 1997 bis 1999 war er „Strategic Plans and Policy Officer“ am George C. Marshall Center in Garmisch-Partenkirchen, dem von den USA und Deutschland getragenen Zentrum für Sicherheitsstudien.

Einen wichtigen Platz in der militärischen Biografie Nicholsons nimmt Afghanistan ein. Hier war er im Zeitraum 2006 bis 2012 mehrfach mit speziellen Aufgaben betraut. 2006/2007 beispielsweise kommandierte Nicholson im Bereich des ISAF-Regionalkommandos Ost verschiedene Einheiten und Wiederaufbauteams, dabei stand die Aufstandsbekämpfung im Mittelpunkt. 2008/2009 war er Stellvertretender Kommandeur des Regionalkommandos Süd, zu dem zu jener Zeit noch mehr als 40.000 Soldaten aus 17 Nationen zählten. 2009/2010 bekleidete der Offizier das Amt des Direktors der pakistanisch-afghanischen Koordinierungsgruppe (Pakistan Afghanistan Coordination Cell, PACC) des US-Generalstabes im Pentagon.

Von Dezember 2010 bis Januar 2012 war Nicholson bei ISAF in unterschiedlichen Verwendungen verantwortlich für die Planung und die Durchführung der damaligen groß angelegten Aufstandsbekämpfung. Den Taliban und anderen regierungsfeindlichen Gruppierungen standen in jenen Jahren fast 140.000 Soldaten aus rund 50 Nationen plus Verbände der afghanischen Sicherheitskräfte gegenüber.

Nach einer Verwendung in Führungsfunktion bei der Pentagon-Organisation Joint Improvised Explosive Device Defeat Organization (JIEDDO) befehligte Nicholson von Oktober 2012 bis Oktober 2014 dann die 82. Airborne Division, Herzstück der weltweit rasch einsetzbaren Global Response Force der USA. Anschließend übernahm er als Kommandeur das Allied Land Command (LANDCOM) der NATO in Izmir, Türkei.

Generalleutnant John W. Nicholson Jr. besitzt mehrere Bildungsabschlüsse, darunter einen Hochschulabschluss „Geschichte“ der Georgetown University (Washington, D.C.), einen Abschluss „Bachelor of Science“ der United States Military Academy (West Point, New York) sowie Abschlüsse der School for Advanced Military Studies (Fort Leavenworth, Kansas) und der National Defense University (Washington, D.C.).

„Train, Advise and Assist Command North“– der Beitrag der Bundeswehr

Die Bundeswehr beteiligt sich momentan mit 825 Soldatinnen und Soldaten – davon 77 Reservisten – an der „Resolute Support Mission“ (Stand: 25. Januar 2016). Das aktuelle Mandat des Parlaments vom 17. Dezember vergangenen Jahres ist bis zum 31. Dezember 2016 befristet und erlaubt den Einsatz von bis zu 980 Bundeswehrangehörigen.

Basis des deutschen Kontingents und des von Brigadegeneral Hartmut Renk geführten „Train, Advise and Assist Command North“ (TAAC North) ist „Camp Marmal“ im nordafghanischen Mazar-e Sharif. Darüber hinaus leisten weitere deutsche Soldaten in Kabul und Bagram Dienst. Renk ist seit dem 19. Dezember Kommandeur des TAAC North. Er übernahm das Kommando von Brigadegeneral Andreas Hannemann.

Bei der Senatsanhörung am 28. Januar kam es übrigens zu einem denkwürdigen Dialog zwischen dem Ausschussvorsitzenden, John McCain, und General Nicholson. Auf den Hinweis McCains, die Sicherheitssituation in Afghanistan habe sich doch eher verschlechtert als verbessert, antwortete Nicholson: „Sir, ich stimme mit Ihrer Einschätzung überein.“ Später fügte er hinzu: „Aber so ist Afghanistan – dort wird es immer einen gewissen Grad an Gewalt geben.“


Zu unserem Bildmaterial:
1. Generalleutnant John W. Nicholson Jr., designierter neuer Kommandeur der „Resolute Support Mission“ in Afghanistan.
(Foto: NATO)

2. Pentagon-Pressesprecher Peter Cook informierte am 27. Januar 2016 in Washington die Medien über die Personalentscheidung von Präsident Barack Obama hinsichtlich der Campbell-Nachfolge.
(Foto: Tim D. Godbee/U.S. Department of Defense)

3. Generalleutnant Nicholson am 28. Januar 2016 bei der Anhörung im Streitkräfteausschuss des US-Senats.
(Videostandbild: Video U.S. Department of Defense)

4. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg bei seinem Besuch von LANDCOM im türkischen Izmir am 21. Apriol 2015. Im Bild neben ihm LANDCOM-Befehlshaber Nicholson.
(Foto: NATO)


Kommentieren

Bitte beantworten Sie die Frage. Dies ist ein Schutz der Seite vor ungewollten Spam-Beiträgen. Vielen Dank *

OBEN