menu +

Nachrichten



Brüssel/Berlin/Kabul. Die NATO wird auch 2017 mit Soldaten in Afghanistan präsent sein. Ihre Ausbildungs-, Beratungs- und Unterstützungsmission „Resolute Support“ wird fortgesetzt – Ende mehr denn je offen. Auf die Verlängerung über das Jahresende hinaus einigten sich die Außenminister der Bündnisstaaten am vergangenen Freitag (20. Mai) bei ihrem Treffen in Brüssel. Im Mai vergangenen Jahres hatte die NATO noch erwogen, die militärische „Resolute Support Mission“ (RSM) 2017 in eine zivile Mission umzuwandeln. Jens Stoltenberg, Generalsekretär der Allianz, begründete am Freitag den Sinneswandel: „Die afghanischen Sicherheitskräfte gehen in ihrem Land mutig, entschlossen und professionell zu Werke – auch dank unserer Hilfe; aber Afghanistan sieht sich bei der Sicherheitslage nach wie vor ernsthaften Herausforderungen gegenüber.“ Die Sicherheitslage in Afghanistan ist seit Samstag (21. Mai) nicht besser geworden, eher noch unberechenbarer und brüchiger. Am Nachmittag starb in der pakistanischen Provinz Belutschistan Talibanchef Mullah Akhtar Mohammad Mansour. Nach übereinstimmenden Informationen soll er bei einem US-Drohnenangriff ums Leben gekommen sein.

Derzeit stellen die Alliierten und ihre Partner für RSM 12.813 Soldaten (Stand: 18. Mai 2016). 39 Nationen haben Militärpersonal entsandt. Die Bundeswehr beteiligt sich aktuell mit 897 Angehörigen (Stand: 17. Mai 2016) an der Afghanistan-Mission, das Bundestagsmandat erlaubt bis zu 980.

Etliche NATO-Staaten – darunter Deutschland – hatten ursprünglich bereits für 2016 einen weitreichenden Truppenabzug aus Afghanistan ins Auge gefasst. Das aggressive Vorgehen der Aufständischen im Land, allen voran die radikalislamischen Taliban, hatte dann aber ein Umdenken erzwungen. Die vorübergehende Eroberung der nordafghanischen Provinzhauptstadt Kunduz durch die Rebellen im Zeitraum 28. September bis 13. Oktober 2015 gab schließlich den Ausschlag für die NATO, vorerst mit rund 12.000 Soldaten am Hindukusch zu bleiben. Diese Entscheidung fiel in Brüssel im Dezember vergangenen Jahres.

Hoffen auf Finanzierungszusagen beim NATO-Gipfel in Warschau

NATO-Generalsekretär Stoltenberg nannte bei seiner Pressekonferenz am Freitag kein Enddatum für den Einsatz. Zu Fragen der Finanzierung sagte er, er sei zuversichtlich, dass die Staats- und Regierungschefs des Bündnisses bei ihrem Treffen anlässlich des Gipfels in Warschau am 8. und 9. Juli feste Zusagen für die finanzielle Ausstattung der afghanischen Sicherheitskräfte über das Jahr 2020 abgeben werden. Diese Zusagen „sind entscheidend dafür, dass es Afghanistan gelingen wird, starke Sicherheitskräfte für eine langfristige stabile Sicherheitslage im Land aufzubauen“, so Stoltenberg. Die Außenminister der Bündnisstaaten hätten bei ihren Beratungen zudem den Willen der NATO bekräftigt, dauerhaft eine starke politische Partnerschaft und enge Zusammenarbeit mit Afghanistan pflegen zu wollen.

Wie Stoltenberg in Brüssel mitteilte, sollen nun Militärexperten die Details für eine Missionsverlängerung klären. Dies dürfte nicht so einfach werden, wollen doch die USA künftig nur noch etwa 3400 statt ihrer bislang rund 7000 Soldaten für RSM stellen. Dies deutete vor dem Brüsseler Außenministertreffen der US-Botschafter bei der NATO, Douglas E. Lute, an.

Seinen Angaben zufolge sind die amerikanischen Streitkräfte momentan noch mit rund 9800 Soldaten in Afghanistan vertreten. Zum Jahresende soll dieses Kontingent auf 5500 Mann reduziert werden. Über die Aufgaben jener 2100 GIs, die dann nicht der RSM angehören, kann nur spekuliert werden. Bisher fliegen die US-Kräfte am Hindukusch – unabhängig von der „Resolute Support“-Mission des Bündnisses – noch Luftunterstützung für die Afghanen und führen mit Spezialkräften Kampfaufträge im Land aus.

Talibanchef Mullah Mansour bei US-Drohnenangriff in Pakistan getötet

Der Tod von Mullah Akhtar Mohammad Mansour, der die Führung der Taliban offiziell im vergangenen Juli übernommen hatte, wurde mittlerweile von Vertretern der US-Regierung, aus afghanischen Geheimdienstkreisen und von den Taliban selbst bestätigt. Der Drohnenangriff soll am gestrigen Samstag in der südwestpakistanischen Provinz Belutschistan nahe der Stadt Ahmad Wal erfolgt sein. Das Außenministerium Pakistans verurteilte den Angriff der USA als Verletzung der Souveränität des Landes.

Das amerikanische Verteidigungsministerium macht Mansour für den Tod Tausender afghanischer Zivilisten und Sicherheitskräfte verantwortlich. Er sei aktiv an der Planung von Angriffen gegen Einrichtungen in Kabul und anderen Landesteilen beteiligt gewesen. „Mansour stand dem Frieden und einer Versöhnung zwischen der Regierung von Afghanistan und den Taliban im Wege“, erklärte Pentagon-Sprecher Peter Cook. Er habe anderen Talibanführer verboten, an Friedensgesprächen mit der Regierung teilzunehmen. US-Außenminister John Kerry bezeichnete Mansour als eine „unmittelbare Bedrohung für US-Personal, afghanische Zivilisten und afghanische Sicherheitskräfte“.

Wie US-Medien nach Bekanntwerden des Drohnenangriffs im politischen Washington erfahren haben wollen, soll Präsident Barack Obama den Einsatz gegen Mansour „persönlich angeordnet“ haben. Am heutigen Sonntag erklärte ein führender Vertreter der Taliban gegenüber der Nachrichtenagentur Agence France-Presse, er könne „glaubhaft versichern, dass Mullah Mansour nicht mehr unter den Lebenden“ sei.


Zu unserer Bildauswahl:
1. Bei ihrem Treffen am 20. Mai 2016 in Brüssel beschlossen die Außenminister der NATO eine Verlängerung der „Resolute Support Mission“ über das Jahresende hinaus.
(Foto: NATO)

2. Meldung des afghanischen Inlandsgeheimdienstes NDS (National Directorate of Security) vom 22. Mai 2016 über das Ende von Talibanführer Mullah Mansour.
(Bildquelle: Twitternachricht NDS)

Kleines Beitragsbild: Angehörige der „Resolute Support Mission“ und Vertreter der afghanischen Sicherheitskräfte.
(Foto: RSM)


Kommentieren

Bitte beantworten Sie die Frage. Dies ist ein Schutz der Seite vor ungewollten Spam-Beiträgen. Vielen Dank *

OBEN