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Fritzlar. Der gestrige Dienstag (9. August) war in Fritzlar ein Tag der guten Botschaften – aus Sicht des dort stationierten Kampfhubschrauberregiments 36, aus Sicht des deutschen Heeres und auch aus Sicht der Öffentlichkeit, die sich um ihre Bundeswehr sorgt. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen besuchte den nordhessischen Standort im Rahmen ihrer diesjährigen Sommerreise und verteilte Lob. Denn waren noch im Juni vergangenen Jahres von 24 ausgelieferten mehrrollenfähigen Kampfhubschraubern Tiger lediglich fünf einsatzbereit gewesen (etwa 21 Prozent), so sind es nun – rund ein Jahr später – 13 einsatzbereite Maschinen von 27 im „Verfügungsbestand“ (also etwa 48 Prozent). Die Ministerin brauchte bei ihrem Statement vor den zahlreichen Pressevertretern in der Fritzlarer Georg-Friedrich-Kaserne bei dieser positiven Entwicklung ihren Stolz nicht zu verbergen. Sie sagte: „Wir wissen alle, dass wir im letzten Jahr beim Tiger eine echte Talsohle durchschritten und erhebliche Probleme mit der Einsatzbereitschaft gehabt haben. Wir haben dann deutlich umgestellt und – in vielen Schritten – modernisiert. Und wir sehen, dass dieser Weg, den wir eingeschlagen haben, richtig ist. Er ist erfolgreich. Heute fliegt jeder zweite Tiger wieder!“

Wie nahezu alle großen Rüstungsvorhaben der Bundeswehr der vergangenen Jahre, so produzierte auch der Kampfhubschrauber (KHS) Tiger lange Zeit Negativschlagzeilen. Gemessen an der ersten parlamentarischen Befassung mit diesem Projekt wird der Tiger im Jahr 2018, dem vereinbarten Ende der Auslieferung aller 68 Maschinen an den Auftraggeber, rund 80 Monate Verspätung zum ursprünglichen Plan aufweisen.

Auch die Kosten sind mittlerweile steil in die Höhe geschossen: Die aktuelle Abweichung zur ursprünglichen Veranschlagung beträgt nach Angaben des Verteidigungsministeriums bislang etwa 981 Millionen Euro.

Unterschiedliche Bauzustände und unterschiedliche Entwicklungsstände

In dem im Dezember 2015 vom Bundesministerium der Verteidigung veröffentlichten 81 Seiten starken „Bericht zur materiellen Einsatzbereitschaft der Hauptwaffensysteme der Bundeswehr“ wird zudem dokumentiert: „Ursachen der geringen materiellen Einsatzbereitschaft [der Kampfhubschrauber Tiger] liegen in der Uneinheitlichkeit der Flotte mit sechs zum Teil erheblich unterschiedlichen Bauzuständen aufgrund unterschiedlicher Entwicklungsstände, dem Fehl an Ersatz- und Austauschteilen und dem Personal begründet.“

Mit Abschluss der Auslieferung werden 68 KHS Tiger in den Besitz des Kunden Bundeswehr übergegangen sein (geplant waren ursprünglich sogar 80). Von diesen 68 Maschinen werden schließlich elf, die bereits mehrere Jahre Einsatz „auf dem Buckel“ haben, außer Dienst gestellt und als „Ersatzteil-Lieferant“ genutzt. Aktuell wird die Bundeswehr – sprich das Heer – demnach 57 Tiger bekommen und davon 40 aktiv halten.

Prozesse so geschmeidig machen, dass sie ineinandergreifen

In Fritzlar erläuterte von der Leyen, wie man beim Tiger „mit einem ganzen Bündel an Maßnahmen“ den Negativprozess habe umkehren können. Entscheidend sei zunächst gewesen, dass man die „materielle Finanzlage“ insgesamt habe entscheidend verbessern können. Darüber hinaus habe sich die 2014 eingesetzte Taskforce „Drehflügler“ voll bewährt. Alle Experten hätten sich in diesem Gremium zusammengesetzt, um das komplexe System „KHS Tiger“ zu analysieren und die Grundsatzfrage zu beantworten, „wie können wir die Prozesse so geschmeidig machen, dass sie tatsächlich ineinandergreifen, damit der Hubschrauber auch in einem höheren Maße einsatzbereit ist“.

Von der Leyen führte bei ihrem Pressestatement weiter aus: „Die Truppe hier vor Ort – insbesondere die Technikerinnen und Techniker, die Prüfer, die Pilotinnen und die Piloten – sie alle haben mit ihrem Wissen dazu beigetragen deutlich zu machen, wo es gehakt hat, wo die Rädchen eben nicht ineinandergegriffen haben. Das geht bis hin zu den Ersatzteilen, die zwei Jahre im Voraus bestellt werden müssen. All das ist deutlich verbessert worden. Jetzt schnurrt der Ablauf besser. Und wir sehen, das Ergebnis ist: deutlich mehr Tiger sind nun in der Luft.“

Tiger-Zulauf erfolgt inzwischen „vertragskonform ohne Verzögerung“

Ähnlich positiv hatte bereits der öffentlich zugängliche „3. Bericht des Bundesministeriums der Verteidigung zu Rüstungsangelegenheiten“ vom April dieses Jahres die Entwicklung beim Waffensystem Tiger beschrieben. Die Lieferung der Hubschrauber erfolge derzeit unverändert „entsprechend des Lieferplans fristgerecht“, so das Ministerium. Mit Stand 10. März 2016 seien nun 48 von 68 Tiger-Hubschrauber an die Bundeswehr ausgeliefert. Zur weiteren Vereinheitlichung der Hubschraubervarianten werde jetzt auch die Umrüstung auf den einheitlichen Bauzustand ASGARD (Afghanistan Stabilization German Army Rapid Deployment) vorangetrieben. Es sei weiterhin beabsichtigt weitere 33 Hubschrauber in die ASGARD-Konfiguration umzurüsten, die sich im Einsatz bewährt habe.

Abschließendes Fazit des Rüstungsberichts: „Die Zulassungssituation im nationalen Bereich hat sich deutlich verbessert und der Bearbeitungsrückstand wurde zwischenzeitlich vollständig aufgeholt. Aufgrund der eingeleiteten Maßnahmen zur Verbesserung der materiellen Einsatzbereitschaft ist eine höhere Verfügbarkeit des KHS Tiger feststellbar. […] Der Zulauf des Tiger erfolgt mittlerweile vertragskonform ohne Verzögerung, die Verfügbarkeit der Systeme in der Nutzung erhöht sich stetig und die Herstellung einer flotteneinheitlichen Konfiguration wird konsequent weiterverfolgt.“

Trendwende „Personal“ wird auch beim Regiment in Fritzlar sichtbar

Dass neben maßgeblichen Verbesserungen bei der Ersatzteil-Lage, beim Tiger-Inspektionssystem und bei der Ausbildung des technischen Fachpersonals auch verfügbare Dienstposten eine entscheidende Rolle spielen, machte von der Leyen in Fritzlar ebenfalls deutlich. „Es ist wichtig, das gute Material zu haben. Aber genauso wichtig ist es, gutes Personal zu haben. Und auch hier sehen wir, dass die Trendwende ,Personal‘ zu greifen beginnt.“

Die Verteidigungsministerin bestätigte in diesem Zusammenhang: „Wir haben ab September hier beim Kampfhubschrauberregiment 36 in Fritzlar 13 neue Dienstposten für Technikerinnen und Techniker, die dringend notwendig sind. Denn das genau sind die Spezialisten am Hubschrauber, die dafür sorgen, dass er auch schnell wieder in der Luft ist.“

Da wir zu Beginn unseres Beitrages ja von mehreren guten Botschaften gesprochen haben, nun zum Schluss auch noch eine Millionen-Ankündigung der Ministerin. Von der Leyen sicherte der hessischen Dom- und Kaiserstadt zu: „Weil dieser Standort ganz klar eine Zukunft hat, werden wir hier in den nächsten Jahren weitere 40 Millionen Euro investieren – auch um deutlich zu machen, wir sind in Fritzlar auf dem richtigen Weg mit dem Tiger. Wir wachsen gesund. Die einzelnen Schritte, die wir im letzten Jahr getan haben, zahlen sich aus. Und so wollen wir weitermachen.“

Deutsche Hubschrauber in einigen Monaten bereits im Mali-Einsatz?

Der Kampfhubschrauber Tiger des deutschen Heeres könnte möglicherweise bereits in einigen Monaten im westafrikanischen Krisenstaat Mali zum Einsatz kommen. Dort hat die Bundeswehr im Rahmen von MINUSMA (Multidimensional Integrated Stabilization Mission) der Vereinten Nationen momentan rund 500 Soldaten stationiert.

Da die Niederländer vermutlich Anfang 2017 ihre Hubschrauber aus Mali abziehen werden, rechnet die Bundesregierung demnächst mit einer entsprechenden Anfrage. In Fritzlar sagte die Verteidigungsministerin: „MINUSMA braucht die Hubschrauber zum Schutz der Truppe am Boden, damit ihr Bewegungsradius auch größer sein kann. Und deshalb ist das eine wichtige Fähigkeit, die gestellt werden muss. Das wissen die Vereinten Nationen. Und deshalb sind sie im Augenblick dabei, andere Nationen zu fragen, ob diese bereit und in der Lage sind, Hubschrauber für die Mission in Mali zu stellen.“ Dieser Suchprozess werde wohl bis zum Ende der Sommerpause dauern, schätzt von der Leyen. Die Bundesregierung werde sich anschließend zu dem Thema beraten.


Zu unserer Bildauswahl:
1. Ein Kampfhubschrauber Tiger am deutsch-französischen Heeresfliegerausbildungszentrum in Le Luc en Provence, Frankreich. Hier findet die „Muster-Einsatz-Flug-Ausbildung“ für das Waffensystem statt. Die Aufnahme entstand am 6. Juni 2014.
(Foto: Klaus Schneider/PrInfoZ Heer)

2. Zwei Tiger bei einer Demonstration „Gefecht der verbundenen Waffen“ des Gebirgsjägerbataillons 232 am 5. September 2014. Das Bild zeigt die beiden Maschinen „nach Betankung und Aufmunitionierung vom vorgeschobenen Versorgungspunkt“.
(Foto: Carsten Vennemann/Bundeswehr)

3. Die „Sommerreise 2016“ führte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen am 9. August ins nordhessische Fritzlar. Hier beim Kampfhubschrauberregiment 36 „Kurhessen“ informierte sie sich über die Einsatzbereitschaft des Waffensystems Tiger. Kurz nach ihrem Eintreffen in der Georg-Friedrich-Kaserne gab die Ministerin vor der Presse ein längeres Statement ab. Neben ihr der Kommandeur des Regiments, Oberst Volker Bauersachs.
(Foto: Sebastian Wilke/Bundeswehr)

Kleines Beitragsbild: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen am 9. August 2016 beim Kampfhubschrauberregiment 36 „Kurhessen“ in Fritzlar.
(Foto: Sebastian Wilke/Bundeswehr)


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