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Alamogordo (New Mexico, USA)/Jagel. Nun ist es amtlich: Die Luftwaffe stellt bis Ende 2019 die fliegerische Ausbildung ihrer Tornadopiloten und Waffensystemoffiziere auf der Holloman Air Force Base bei Alamogordo im US-Bundesstaat New Mexico ein. Künftig soll die Ausbildung in Deutschland beim Taktischen Luftwaffengeschwader 51 „Immelmann“ im schleswig-holsteinischen Jagel erfolgen. Dies gab das Verteidigungsministerium in einem Schreiben an den Verteidigungsausschuss des Bundestages bekannt. Kurz danach informierte die Luftwaffe mit ihrem Onlinebeitrag „Tornados aus Holloman fliegen bald an der Nordseeküste“ auch die Öffentlichkeit über diese Entscheidung. Besonders die Bevölkerung im Einzugsbereich des Fliegerhorstes Schleswig, der auf dem Gebiet der Gemeinde Jagel liegt, dürfte die Entwicklung aufmerksam verfolgen. Denn auf die Anwohner wird durch die zusätzlichen Starts und Landungen im Rahmen der Tornadoausbildung eine höhere Lärmbelastung zukommen. Die ersten Lehrgänge sollen im April 2017 beginnen.

Nach Informationen der Luftwaffe wurden auch die Partner in den USA bereits darüber informiert, dass die Teilstreitkraft die Holloman Air Force Base (AFB) spätestens ab Ende 2019 nicht mehr nutzen wird. Das dort stationierte Fliegerische Ausbildungszentrum der Luftwaffe wird damit aufgelöst. Die zurzeit über New Mexico eingesetzten deutschen Tornados werden zum Taktischen Luftwaffengeschwader 51 verlegt.

Wie die Luftwaffe mitteilte, soll die Führung der fliegerischen Ausbildungseinrichtungen der Bundeswehr in den Vereinigten Staaten verbleiben. Derzeit werde allerdings noch geprüft, an welchem Standort.

Stets optimale Trainingsbedingungen für die Flugzeugbesatzungen

Unsere Luftwaffe nutzt die Holloman AFB seit 1992, dem Jahr der Schließung der George AFB in Südkalifornien. Auf diesem Stützpunkt nahe Victorville waren von 1971 bis Juni 1992 bei der 20th Tactical Fighter Squadron die deutschen Phantom-Besatzungen ausgebildet worden. Mit Außerdienststellung der Einrichtungen hatte man dann die 20 deutschen Maschinen F-4 nach Holloman verlegt.

Die Phantom-Ausbildung für Piloten der deutschen Luftwaffe auf der Holloman AFB dauerte noch bis Dezember 2004 an. 1996 hatte hier auch die Ausbildung auf Panavia Tornado begonnen.

Auf der Air Base sind momentan 14 der insgesamt 85 Tornados der Bundeswehr stationiert. Im Onlinebeitrag von Ute Birgit Kindler für die Luftwaffe heißt es zu den Rahmenbedingungen: „Die großzügigen und gut geeigneten Übungslufträume, die verfügbaren Luft-/Boden-Schießplätze und die guten Wetterbedingungen in New Mexico boten über viele Jahre hinweg optimale Trainingsbedingungen.“ Angehende Tornadopiloten und Waffensystemoffiziere mussten und müssen in Holloman rund 260 Stunden Theorie, 75 Simulatorstunden und 50 Übungsflüge bewältigen. Nach Luftwaffen-Angaben soll dieses anspruchsvolle Programm auch in Jagel gelten.

Deutsche Tornadoausbildung in den USA auf Dauer einfach zu teuer

Der Onlinetext der Luftwaffe nennt auch die ausschlaggebenden Gründe für die Verlegeentscheidung der Führung. Da sei zum einen das Ausbildungsprofil, das sich in den vergangenen Jahren deutlich verändert habe. Hierzu beigetragen hätten vor allem die zunehmende Verfügbarkeit von Präzisionsbewaffnung und lasergesteuerter Munition sowie die Möglichkeit, deren Einsatz schießplatzunabhängig – „synthetisch“ – zu üben. Darüber hinaus hätten sich die taktischen Einsatzverfahren weiterentwickelt. Dies habe dazu geführt, dass sich die Bedeutung verschiedener Ausbildungsanteile verändert habe. Zudem nehme der Ausbildungsbedarf weiter ab, weil sich die Zahl der Waffensysteme verringere.

Zum Thema „Kosten“ hat die Autorin recherchiert: „Der Betrieb der 14 Tornado-Waffensysteme in den USA verursacht im Vergleich zu Deutschland einen unverhältnismäßig hohen personellen, materiellen und finanziellen Aufwand. Soldaten sind ebenso wie erhebliche Anteile an Ersatz- und Austauschteilen an einem weit entfernten Auslandsstandort gebunden. Dadurch fallen wesentlich höhere Kosten als für vergleichbare Leistungen in der Heimat an.“

In Europa genügend geeignete Übungsräume und Schießplätze vorhanden

Das Fazit der militärischen Führung der Teilstreitkraft und politischen Leitung des Ministeriums liest sich deshalb auch wie folgt: „Sowohl aus operativer als auch aus logistischer und wirtschaftlicher Sicht wurde festgestellt, dass der zukünftig noch vorhandene Nutzen den hohen Aufwand für den Weiterbetrieb des [Ausbildungszentrums] in den USA nicht mehr rechtfertigt.“

Dank der technologischen Entwicklung und des geänderten Ausbildungsprofils könnten Tornadopiloten und Waffensystemoffiziere künftig auch in Deutschland und seinen Nachbarländern ausgebildet werden –dafür gebe es auch in Europa genügend geeignete Übungsräume und Schießplätze, so Kindler. Mit der Verlagerung der Ausbildung zum Taktischen Luftwaffengeschwader 51 „Immelmann“ nach Jagel könne man die Kosten sowie den personellen und materiellen Aufwand erheblich senken.

Bündelung von Ressourcen und Verbesserung der logistischen Versorgung

Ingo Gädechens, Obmann der CDU/CSU im Verteidigungsausschuss und stellvertretender verteidigungspolitischer Sprecher seiner Bundestagsfraktion, begrüßt die Tornado-Entscheidung: „Die Rückverlegung der Tornadoausbildung nach Deutschland ist eine konsequente und richtige Entscheidung zur Bündelung der verfügbaren Ressourcen und zur Verbesserung der logistischen Versorgung. Die Entscheidung wird die Einsatzbereitschaft des Waffensystems Tornado insgesamt erhöhen.“

Gädechens weist in einer Presseerklärung auch darauf hin, dass die Partnerschaft mit den USA bei Übungen und bei der Ausbildung der Luftfahrzeugbesatzungen mit den verbleibenden Einrichtungen der deutschen Luftwaffe auf der Sheppard Air Force Base, in Pensacola und in Goodyear fortgeführt wird. „Es wird also nur die vertiefte Ausbildung auf dem Waffensystem Tornado nach Deutschland verlegt“, erläutert der CDU-Politiker.

Keine Rückkehr zu einem intensiven Flugbetrieb früherer Jahre

Gemeinsam mit der CDU-Bundestagsabgeordneten Sabine Sütterlin-Waack (Wahlkreis Flensburg-Schleswig) besuchte Gädechens jetzt auch die „Immelmänner“ in Jagel. Dort führten beide Parlamentarier intensive Gespräche mit der Geschwaderführung und loteten aus, ob der bald anfallende zusätzliche Ausbildungs- und Übungsbetrieb zu einer erhöhten Lärmbelastung in der Region führen könnte.

Ein Luftwaffensprecher hatte zuvor gegenüber der Redaktion des Flensburger Tageblatts dargelegt: „Es ist anzunehmen, dass es zu einem leichten Lärmanstieg kommt, allerdings bleibt abzuwarten, inwiefern der Regelflugbetrieb des Geschwaders sich der Ausbildung anpasst.“ Dabei sei zu beachten, dass Übungsgebiete ohnehin klar festgelegt seien und Tiefflüge vor allem über Nord- und Ostsee trainiert würden. Viele Übungseinheiten würden zudem in Partnerstaaten geflogen.

Im Pressestatement von Gädechens heißt es: „Eine Rückkehr zu dem umfangreichen Flugbetrieb wie in Zeiten des ,Kalten Krieges‘ wird es definitiv nicht geben. Der Übungsbetrieb wird [aus unserer Sicht] in einem erträglichen Maß bleiben, da weitaus weniger Piloten und Waffensystemoffiziere ausgebildet werden müssen als noch vor zehn Jahren.“ Die Belastung für die Region und die Tourismuswirtschaft werde insgesamt überschaubar bleiben, meint der Verteidigungsexperte der Union.

Instandhaltung in Holloman soll noch bis Mitte 2018 genutzt werden

Sütterlin-Waack äußerte sich nach dem Besuch beim Taktischen Luftwaffengeschwader 51 wie folgt: „Die Pilotenausbildung der Tornadoflieger wird vom Luftwaffenstützpunkt Holloman nach Jagel/Kropp geholt. Grund für die Verlegung sind Kosteneinsparungen. Als Abgeordnete für den Kreis Schleswig-Flensburg kann ich eine Stabilisierung dieses Standortes nur gutheißen. Die Bedenken der Anwohner werden wir sorgfältig prüfen, aber ich gehe nicht davon aus, dass es nach der Verlegung zu den hohen Lärmemissionen der vergangenen Jahrzehnte kommen wird.“

Zur Umsetzung der getroffenen Verlegeentscheidung muss der Nutzungsvertrag mit den USA noch im Verlauf dieses Jahres gekündigt werden. Der letzte fliegerische Ausbildungskurs soll dann im Herbst 2017 enden. Die Instandhaltung in Holloman wird noch bis Mitte 2018 genutzt. Bis zur endgültigen Auflösung des Fliegerischen Ausbildungszentrums der Luftwaffe werden demnach noch gut zwei Jahre vergehen.


Zu unserer Bildauswahl:
1. Zwei deutsche Tornado-Flugzeuge nach der Landung auf der Holloman Air Force Base.
(Foto: John D. Strong II/U.S. Air Force)

2. Stefan Hoppe, Waffensystemtechniker der deutschen Luftwaffe, am Tornado in Holloman.
(Foto: Chase Cannon/U.S. Air Force)

3. Haupttor des Luftwaffenstützpunktes Holloman, an den Masten die gelbe Flagge des US-Bundesstaates New Mexico.
(Foto: Deandre Curtiss/U.S. Air Force)

Kleines Beitragsbild: Ausgemusterter Tornado mit der Kennung „45+11“ vor dem Stabsgebäude des Fliegerischen Ausbildungszentrums der deutschen Luftwaffe. Die Maschine auf dem Static Display war insgesamt 1811 Ausbildungsstunden im Einsatz gewesen.
(Foto: Sanjay Allen/U.S. Air Force)


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