menu +

Nachrichten



Berlin. Die Bundesregierung will härter gegen „Dschihad-Touristen“ vorgehen. Bereits die Absicht, in Kampfgebiete ausreisen und sich dort an Kämpfen beteiligen zu wollen, soll künftig strafbar sein. Auch die Ankündigung, sich in einem Terrorcamp ausbilden lassen zu wollen, wird demnächst wohl unter Strafe stehen. Dies alles sieht ein Gesetzentwurf vor, den das Bundeskabinett jetzt beschlossen hat. Derzeit sind nach Angaben des Justizministeriums rund 600 Deutsche nach Syrien und in den Irak gereist, um dort am „Heiligen Krieg“ teilzunehmen. Viele haben sich der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) angeschlossen. Justizminister Heiko Maas sagte zu der Novelle: „Wir werden eines der schärfsten Terrorismus-Strafgesetze in ganz Europa haben, das wird Deutschland sicherer machen.“

Wer aus Deutschland ausreist, um sich in ein terroristisches Ausbildungslager zu begeben, macht sich künftig strafbar. Die Bundesregierung hat am Mittwoch vergangener Woche (4. Februar) den vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Verfolgung der Vorbereitung von schweren staatsgefährdenden Gewalttaten beschlossen. Damit wurde auch die entsprechende Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (VN) 2178/2014 „Foreign Terrorist Fighters“ vom September 2014 umgesetzt.

Die VN-Resolution enthält strafrechtliche Regelungen, nach denen unter anderem das Reisen und der Versuch des Reisens in terroristischer Absicht, die Finanzierung derartiger Reisen sowie die vorsätzliche Organisation oder sonstige Erleichterung derartiger Reisen unter Strafe zu stellen sind.

Ein klarer Anknüpfungspunkt für die Strafverfolgung

Der deutsche Gesetzentwurf sieht demnach nun vor, dass Paragraf 89a des Strafgesetzbuches (StGB) um eine weitere Vorbereitungshandlung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat – das Reisen in terroristischer Absicht – ergänzt wird.

Hiernach soll sich künftig strafbar machen, wer eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, indem er es unternimmt, aus der Bundesrepublik Deutschland in ein Krisengebiet auszureisen, um sich dort in ein terroristisches Ausbildungslager zu begeben oder sich an Anschlägen oder Kämpfen zu beteiligen.

Die Vorschrift stellt für die Strafbarkeit auf die Ausreise aus Deutschland ab. Hierdurch wird ein klarer Anknüpfungspunkt für die Strafverfolgung geschaffen.

Alle Formen der Terrorismusfinanzierung jetzt einheitlich unter Strafe gestellt

Die Finanzierung des Reisens zu terroristischen Zwecken soll künftig ebenfalls durch einen neuen Tatbestand (Paragraf 89c Absatz 1 Nummer 8 StGB) unter Strafe gestellt werden. Dies entspricht einer Forderung der Financial Action Task Force (FATF). Das seit 1989 innerhalb der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Organisation for Economic Co-operation and Development, OECD) existierende internationale Expertengremium „entwickelt und fördert Grundsätze zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung“. Zur Einhaltung dieser Standards verlangt die FATF insbesondere einheitliche juristische Regelungen zum Straftatbestand der Terrorismusfinanzierung, die auch geringe Beträge erfasst und eine erhöhte Mindestfreiheitsstrafe vorsieht.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung stellt sicher, dass alle Formen der Terrorismusfinanzierung nunmehr einheitlich unter Strafe gestellt werden. Die neue Regelung erfasst daher die Finanzierung eines Katalogs terroristischer Straftaten in Anlehnung an den Katalog des Paragrafen 129a StGB. Die Regelung soll künftig auch für geringwertige Vermögenszuwendungen gelten. Der Strafrahmen beträgt sechs Monate bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe; bei geringwertigen Beträgen drei Monate bis fünf Jahre. Ferner ist eine Minderung des Strafrahmens für Fälle geringer Schuld vorgesehen.

Vertreter der Opposition sprechen von einer „Symbolpolitik“

Dass die Gesetzesinitiative der Regierung nicht unumstritten ist, wurde bereits am 4. Februar in der Sitzung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz deutlich. Die geplante Verschärfung des Terrorismusstrafrechts fand hier ein geteiltes Echo. Politiker der Regierungskoalition begrüßten den Entwurf, die Oppositionsfraktionen sprachen sich gegen die Novelle aus.

Abgeordnete der Linken und der Grünen äußerten in der Sitzung Zweifel „an der Sinnhaftigkeit“ des Gesetzentwurfes und sprachen von „Symbolpolitik“. Ein Vertreter der Linken-Fraktion bezweifelte in Rückgriff auf ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags, dass die in Rede stehende VN-Konvention überhaupt einer Gesetzesänderung bedürfe. Es sei fraglich, ob die bestehenden Instrumente ausreichend evaluiert worden seien. Ein Vertreter von Bündnis 90/Die Grünen verwies darauf, dass die Vorverlagerung der Strafbarkeit problematisch sei. Der Bundesgerichtshof habe bereits in einem früheren Urteil in Hinblick auf Vorbereitungstaten eine sehr enge Auslegung angewandt. Die geplante Verschärfung könne daher verfassungsrechtlich angreifbar sein.

Thomas Strobl, stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion, erklärte zu der entbrannten Grundsatzdebatte: „Grüne und Linke wettern gerade gegen die strafrechtliche Umsetzung der VN-Resolution zur Ausreise von sogenannten Foreign Fighters. Ja, die Strafbarkeit für Reisen zu terroristischen Zwecken wird künftig weiter vorverlagert: Bereits der Versuch wird unter Strafe gestellt. Das ist richtig so. Der Bundesjustizminister setzt das um, wozu er international verpflichtet ist und was das Minimum des Notwendigen ist. Dabei hat er unsere Unterstützung, auch wenn wir uns mehr hätten vorstellen können. Wir brauchen Antworten auf terroristische Aktivitäten und nicht nur Gerede und Gemecker.“

Bundesinnenminister macht auf „hohe Gefährdungslage“ aufmerksam

Mit dem Thema „Strafbarkeit von Reisen in terroristischer Absicht“ befasste sich an diesem Mittwoch auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière. Er informierte den Innenausschuss des Bundestages über die Sicherheitslage in Deutschland und über Sicherheitsmaßnahmen, die nach den Terroranschlägen von Paris ergriffen wurden oder noch geplant sind.

Mit Blick auf die Bedrohung durch den internationalen Terrorismus sprach de Maizière dabei von einer „hohen Gefährdungslage“. Man habe „Grund zur Sorge und zur Wachsamkeit, aber nicht zur Panik“, sagte er.

Der Innenminister verwies außerdem auf die vorgesehene Einführung eines Ersatz-Personalausweises, der nicht zum Verlassen der Bundesrepublik berechtigt und so Ausreisen – insbesondere von Dschihadisten – in Krisen- und Kriegsgebiete wie Syrien oder Irak verhindern soll. Zugleich warb er für die Verabschiedung eines europäischen Fluggastdaten-Abkommens und sprach sich für eine Regelung zur Vorratsdatenspeicherung aus. Darüber bestehe allerdings in der Koalition keine Einigkeit, so de Maizière.


Unser Bildmaterial (Screenshots) zeigt Szenen aus dschihadistischen Propagandafilmen, die sich an deutsche Jugendliche richten. Die fatale Wirkung dieser Videos wurde unter anderem in Dokumentationen wie „Sterben für Allah – deutsche Gotteskrieger auf dem Weg nach Syrien“ (ARD) beschrieben.


Kommentieren

Bitte beantworten Sie die Frage. Dies ist ein Schutz der Seite vor ungewollten Spam-Beiträgen. Vielen Dank *

OBEN