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Mons (Belgien)/Adana (Türkei)/Kahramanmaras (Türkei). Die Niederlande werden ihre Teilnahme an der NATO-Operation „Active Fence“ demnächst beenden. Das nationale Mandat für die Stationierung der beiden niederländischen Patriot-Staffeln im türkischen Adana läuft Ende Januar 2015 aus, eine Verlängerung kommt nach Informationen des Verteidigungsministeriums in Den Haag aus verschiedenen Gründen nicht mehr infrage. Dafür will Spanien jetzt einspringen und Patriot-Raketenabwehrsysteme sowie rund 130 Soldaten nach Adana entsenden. Der spanische „Active Fence“-Einsatz soll ab Januar 2015 beginnen.

Mit der Operation „Active Fence“ schützt die NATO ihr Mitglied Türkei vor möglichen Angriffen aus dem Nachbarland Syrien, in dem seit März 2011 ein erbitterter Bürgerkrieg tobt. Da die Türkei selbst kein vergleichbares Raketenabwehrsystem besitzt, hatte die Regierung in Ankara die NATO im November 2012 offiziell um Beistand gebeten. Die Außenminister der Bündnisstaaten hatten einen Monat später in Brüssel dann die Stationierung des Flugabwehrraketensystems Patriot auf türkischem Boden beschlossen (siehe auch hier).

Insgesamt sind seit dem 30. Januar vergangenen Jahres Patriot-Staffeln der Amerikaner (in Gaziantep), der Niederländer (in Adana) und der Bundeswehr (in Kahramanmaras) einsatzbereit. Der Bundestag hatte den deutschen Beitrag an „Active Fence Turkey“ erstmals am 14. Dezember 2012 bis zum 29. Januar 2014 mandatiert. Inzwischen ist dieses Mandat von den Bundestagsabgeordneten bis zum 31. Januar 2015 verlängert worden. Derzeit sind 270 deutsche Soldaten im Einsatz in der Türkei (Stand 15. September). Die personelle Obergrenze für das Bundeswehrkontingent in Kahramanmaras beträgt 400 Frauen und Männer.

Systeme und Einsatzpersonal mittlerweile „maximal belastet“

Die Regierung der Niederlande hatte ihre Entscheidung, das Patriot-Engagement in der Türkei Ende 2015 auslaufen zu lassen, am 25. August dem Parlament und der NATO mitgeteilt. Vorausgegangen waren an diesem Montag dem türkischen Außenministerium zufolge „Treffen auf hoher Ebene mit den niederländischen Behörden in Ankara, Brüssel und Den Haag“.

Im türkischen Kommuniqué vom 26. August heißt es weiter. „Bei diesen Gesprächen haben die niederländischen Behörden erklärt, dass diese Entscheidung mit der Begründung, der absoluten und umfassenden Wartung und Reparatur für einen großen Teil von den niederländischen Patriot-Systemen und ihren Geräten einschließlich der Patriot-Batterien in der Türkei und aufgrund der Personalknappheit getroffen wurde.“

Die niederländische Regierung selber nannte in ihrem Pressestatement vom 25. August insgesamt vier Gründe für das absehbare Ende ihres Türkeieinsatzes. Erstens: Der ununterbrochene Einsatz in Adana (24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche) habe die Patriot-Systeme maximal belastet. Zweitens: Durch den ständigen Einsatz habe man notwendige größere Wartungsarbeiten immer wieder verschieben müssen. Drittens: Die beabsichtigte Patriot-Modernisierung könne nur in der Heimat durchgeführt werden. Viertens: Das Personal der niederländischen Streitkräfte in Adana sei inzwischen durch diesen Auslandseinsatz ebenfalls bis an die Grenzen belastet.

Fast ist man versucht zu fragen, welche dieser „niederländischen“ Ausstiegsgründe wohl auch für das Bundeswehrkontingent im nahen Kahramanmaras gelten könnten. Doch lassen wir das heute und kehren zurück zum Außenministerium der Türkei. Dieses hatte zwar am 26. August ausdrücklich den Niederlanden für ihre bisherige Beteiligung an „Active Fence“ gedankt („Wir begrüßen und würdigen die alliierte Solidarität, die die Niederlande in Richtung unseres Landes seit Januar 2013 zeigte“). Zugleich beinhaltete die Erklärung des Ministeriums aber auch gut verpackt die bange Frage, wie es denn nun weitergehen soll. Dabei zeigten die Türken – ganz diplomatisch – auf Brüssel: „Aufgrund der laufenden Bedrohung setzen die zuständigen NATO-Behörden ihre Bemühung um die Planung der Ersetzung der niederländischen Systeme fort.“

Ein deutliches Zeichen der Bündnissolidarität in schwierigen Zeiten

Diese Bemühungen sind jetzt – in Ankara wird man wohl tief durchatmen – von Erfolg gekrönt. Spaniens Verteidigungsminister Pedro Morenés Eulate kündigte am 17. September an, die drohende Lücke schließen und im kommenden Januar die niederländischen Patriot-Staffeln in Adana ersetzen zu wollen. Rund 130 spanische Soldaten sollen dann zu „Active Fence Turkey“ abkommandiert werden.

Der Oberbefehlshaber der NATO-Einsätze, US-General Philip M. Breedlove, würdigte am 18. September in einer Pressemitteilung die Zusage Spaniens: „Ich freue mich über das spanische Engagement, Patriot-Systeme und Personal für unsere NATO-Operation im Süden der Türkei zur Verfügung stellen zu wollen. Denn die Südgrenze des Bündnisses befindet sich zurzeit in unmittelbarer Nachbarschaft zu Ländern mit großer Instabilität.“ Spaniens klares Zeichen der Bündnissolidarität sei gerade jetzt außerordentlich wichtig für die Menschen in der Türkei und für alle Mitgliedsländer der NATO, so Breedlove im belgischen Mons.

Neue Einsatzstruktur verringert den Personalbedarf in Kahramanmaras

Die Bundeswehr hat Ende April in Kahramanmaras nach Informationen des Einsatzführungskommandos ihre bis dahin agierenden zwei Patriot-Staffeln zu einer Einheit zusammengefasst. Die Anzahl der Start- und Radargeräte des Waffensystems „Patriot“ hätten sich dadurch nicht verändert, teilte das Kommando mit. Allerdings habe man durch diese Maßnahme den Personalbedarf verringern können.

Gemeinsam schützen die Patriot-Systeme der drei Bündnisstaaten nach NATO-Angaben etwa 3,5 Millionen Menschen in der Türkei vor Raketenangriffen.


Zu unseren drei Aufnahmen:
1. und 3. Niederländische Patriot-Stellungen in Adana, der fünftgrößten Stadt in der Türkei. Rund zwölf Kilometer von Adana entfernt liegt die Incirlik Air Base der NATO.
(Fotos: Niederländisches Verteidigungsministerium)

2. NATO-Oberkommandierender Philip M. Breedlove dankt Spanien für die angekündigte Beteiligung an „Active Fence Turkey“.
(Foto: SHAPE Public Affairs Office)


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