menu +

Nachrichten


Berlin/Köln. Das Parlamentarische Kontrollgremium des Deutschen Bundestages hat sich am Mittwoch, 7. Mai, in einer Sondersitzung mit der Unterwanderung von Politik und Wirtschaft durch russische Geheimdienstmitarbeiter beschäftigt. Das berichtete der Kölner Stadt-Anzeiger in seiner Donnerstagausgabe unter Berufung auf mehrere Teilnehmer und das Bundeskanzleramt. Beantragt hatte die Sitzung der Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele (Bündnis 90/Die Grünen).

Grund für Ströbeles Initiative waren Medienberichte gewesen, wonach der russische Auslandsgeheimdienst SWR (Sluschba Wneschnei Raswedki) vor allem in Berlin spioniert. Die Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz und des Bundesnachrichtendienstes, Hans-Georg Maaßen und Gerhard Schindler, gaben Auskunft.

Im Parlamentarischen Kontrollgremium (PKGr) hieß es, Schindler habe das Thema bereits in der letzten Sitzung vor dem Hintergrund der Ukrainekrise angesprochen. Ziel der Russen sei es, ein bestimmtes Meinungsklima zu ihren Gunsten zu erzeugen. Nun sei es nicht zuletzt darum gegangen, möglichst konkrete Fälle zu benennen. Deren Zahl sei aber überschaubar.

In Berlin mehr als 100 Anwerbeversuche pro Jahr

Die russische Regierung bemüht sich nach jüngsten Meldungen offenbar gezielt, vermehrt an sensible Informationen über die deutsche Außen- und Wirtschaftspolitik sowie Rüstung zu gelangen. Im Visier der Moskauer Agenten ist das Personal im Umfeld des Bundestages. Laut Verfassungsschutz versuchen sie, Referenten und wissenschaftliche Mitarbeiter von deutschen Politikern, Stiftungen und Ministerien anzuwerben. Angeblich gibt es allein in Berlin über 100 Anwerbeversuche pro Jahr.

Das Personal der Botschaft der Russischen Föderation in Berlin soll den Erkenntnissen der deutschen Behörden zufolge zu einem Drittel aus Geheimdienstmitarbeitern bestehen. Die Spionagebemühungen beinhalten angesichts der Ukrainekrise und der deshalb angespannten deutsch-russischen Beziehungen zusätzliches Konfliktpotenzial.


Hintergrund                            

Das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) überwacht die Nachrichtendienste des Bundes – den Bundesnachrichtendienst (BND), den Militärischen Abschirmdienst (MAD) und das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV). Die Bundesregierung ist nach dem Kontrollgremiumgesetz dazu verpflichtet, das PKGr umfassend über die allgemeinen Tätigkeiten der Nachrichtendienste und über Vorgänge von besonderer Bedeutung zu unterrichten. Das Gremium kann von der Regierung außerdem Berichte über weitere Vorgänge verlangen.
Trotz dieser umfangreichen Kontrollrechte besitzt das PKGr keine ausschließliche Zuständigkeit für die parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste. Vielmehr können sich auch die Fachausschüsse des Bundestages – beispielsweise der Innenausschuss oder der Verteidigungsausschuss – mit den Nachrichtendiensten befassen. Außerdem können Untersuchungsausschüsse eingesetzt werden. Das parlamentarische Fragerecht erstreckt sich ebenfalls auf die Nachrichtendienste.
Über seine Kontrolltätigkeit erstattet das Gremium dem Bundestag zur Mitte und am Ende der Wahlperiode Bericht. Ferner können einzelne Vorgänge öffentlich bewertet werden, wenn zwei Drittel der anwesenden Mitglieder des Gremiums vorher zugestimmt haben. Die Beratungen des PKGr unterliegen strikter Geheimhaltung.
Das Gremium hat neun Mitglieder. Aktuell von CDU/CSU: Clemens Binninger, Manfred Grund, Stephan Mayer (Altötting) und Armin Schuster (Weil am Rhein). SPD: Gabriele Fograscher, Michael Hartmann (Wackernheim) und Burkhard Lischka. Die Linke: André Hahn. Bündnis 90/Die Grünen: Hans-Christian Ströbele. PKGr-Vorsitzender ist Clemens Binninger, sein Stellvertreter André Hahn.



Die Aufnahme zeigt die Botschaft der Russischen Föderation in Berlin, Unter den Linden.
(Foto: Sven Wolter/mediaeclipse)


Kommentieren

Bitte beantworten Sie die Frage. Dies ist ein Schutz der Seite vor ungewollten Spam-Beiträgen. Vielen Dank *

OBEN