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Strausberg. SAR – diese drei Buchstaben stehen für „Search and Rescue“ („Suchen und Retten“) und auch für 55 Jahre Luftrettung in Deutschland, die mitgeprägt wurden von den mutigen Rettungsfliegern der Bundeswehr. Offizielles Gründungsdatum des militärischen SAR-Dienstes ist der 1. April 1959. An diesem Tag war in Faßberg die 1. Luftrettungs- und Verbindungsstaffel der deutschen Luftwaffe mit Huschraubern Bristol 171 Sycamore und Flugzeugen Dornier Do 27 in Dienst gestellt worden. Im vergangenen Jahr nun hat das Heer im Rahmen der Neuausrichtung unserer Streitkräfte mit dem „Fähigkeitstransfer Hubschrauber“ auch den Aufgabenbereich des SAR-Dienstes von der Luftwaffe übernommen. Vor Kurzem veröffentlichte das Kommando Heer dazu erstmals den traditionellen SAR-Jahresbericht.

Die Bilanz des ersten Jahres SAR-Dienst in Verantwortung des deutschen Heeres ist erfreulich. Im Jahr 2013 konnte der Such- und Rettungsdienst bei insgesamt 370 Einsätzen 340 Menschen aus lebensbedrohlichen Situationen retten oder ihnen lebensrettende Hilfe bringen. Dafür waren mehr als 600 Flugstunden nötig. Die Einsätze erfolgten bei Tag und Nacht, unter teilweise widrigsten Bedingungen. Es ereignete sich kein Flugunfall.

Der SAR-Dienst der Bundeswehr wurde 2013 insgesamt 1710 Mal alarmiert. 1324 Alarmierungen ereigneten sich im SAR-Bereich Münster mit seinen drei SAR-Kommandos Landsberg, Nörvenich und Holzdorf. 386 Alarmierungen gingen im SAR-Bereich Glücksburg – unterstellte SAR-Kommandos Helgoland und Warnemünde – ein.

In Erfüllung des SAR-Auftrages waren die Bundeswehrmaschinen bei 68 Luftnotfällen, 55 Seenotfällen und 30 Mal zur Unterstützung der Streitkräfte im Einsatz. 217 Mal wurde ein Einsatz im Rahmen der dringenden Nothilfe geflogen, weil kein anderes geeignetes ziviles Rettungsmittel zur Verfügung stand oder aufgrund schwieriger Wetterverhältnisse eingesetzt werden konnte.

Übergangsphase mit „viel Engagement und Motivation gemeistert“

Generalleutnant Reinhard Kammerer, der als Kommandeur Einsatz und Stellvertretender Inspekteur des Heeres das Geleitwort für den „SAR-Jahresbericht 2013“ geschrieben hatte, merkte zur Übernahme des Aufgabenbereichs des SAR-Dienstes von der Luftwaffe durch das Heer an: „Diese für alle Beteiligten fordernde Übergangsphase wurde mit viel Engagement und Motivation der Soldatinnen und Soldaten gemeistet. Die Leistungen des Such- und Rettungsdienstes der Bundeswehr können sich sehen lassen.“ (Anm.: Generalleutnant Kammerer wurde am 25. Juni in Leipzig nach 44 Dienstjahren in den Ruhestand verabschiedet. Ihm folgte Generalleutnant Jörg Vollmer, zuletzt Kommandeur der Division Schnelle Kräfte in Stadtallendorf.)

Der Appell anlässlich des „Fähigkeitstransfers Hubschrauber“ zwischen dem Heer und der Luftwaffe hatte am 13. Dezember 2012 in Laupheim stattgefunden. Zu der Veranstaltung in der Kurt-Georg-Kiesinger-Kaserne waren Abordnungen der in beiden Teilstreitkräften unmittelbar betroffenen Truppenteile und Dienststellen gekommen. Generalleutnant Bruno Kasdorf (Inspekteur des Heeres) und Generalleutnant Karl Müllner (Inspekteur der Luftwaffe) hatten an diesem Donnerstagnachmittag schließlich den „Fähigkeitstransfer“, der noch von ihren Vorgängern angeschoben worden war, mit dem militärischen Zeremoniell besiegelt.

Zwei Heeresfliegerregimenter sind inzwischen aufgelöst

„Durch diesen Hubschraubertausch sollen der leichte taktische Lufttransport im Heer und der operativ/taktische Lufttransport in der Luftwaffe konzentriert werden“, so lautet das offizielle Argument für die System- und Personalrotation.

Der Hubschrauber-Deal war vor gut vier Jahren von den damaligen Inspekteuren Werner Freers (Heer) und Aarne Kreuzinger-Janik (Luftwaffe) initiiert worden. Kreuzinger-Janik ging am 30. April 2012 in den Ruhestand. Freers ist seit dem 10. Dezember 2012 Chef des Stabes des Supreme Headquarters Allied Powers Europe (SHAPE) in Casteau bei Mons, Belgien.

Das Heer erhielt den internen Inspekteursabsprachen zufolge mit Wirkung zum 1. Januar 2013 den leichten Transporthubschrauber Bell UH-1D (einschließlich des SAR-Dienstes) und den bislang in der Luftwaffe vorhandenen Anteil des leichten Transporthubschraubers NH90. Die Luftwaffe übernahm im Gegenzug die Verantwortung für den mittleren Transporthubschrauber CH-53 von den Heeresfliegern.

Konkret bedeutete und bedeutet dies für die Truppe: Mit Ablauf des Jahres 2012 endete die 40-jährige Geschichte der mittleren Transporthubschrauber CH-53 im deutschen Heer. Die Transporthubschrauberregimenter 15 und 25 in Rheine und Laupheim wurden inzwischen aufgelöst (das Regiment 15 am 30. Juni 2013, das Regiment 25 bereits am 5. März 2013). Der Einsatzauftrag beider Heeresfliegerregimenter wechselte bereits am 1. Januar 2013 zum Hubschraubergeschwader 64 der Luftwaffe, das in Laupheim und Schönewalde stationiert ist.

Die Hubschrauber NH90 und Bell UH-1D, die das Heer im Gegenzug erhielt, wurden den Transporthubschrauberregimentern 10 und 30 in Faßberg und Niederstetten zugeordnet.

Bundesrechnungshof prüft den „Fähigkeitstransfer Hubschrauber“

Der Hubschraubertausch von Freers und Kreuzinger-Janik könnte noch zu einem Politikum werden. Wie Martin Winter, Pressesprecher des Bundesrechnungshofes am 19. August gegenüber dem bundeswehr-journal bestätigte, prüft die Bundesbehörde zurzeit den „Fähigkeitstransfer Hubschrauber“. Aufgrund des laufenden Verfahrens könne er zu den Einzelheiten allerdings keine Auskünfte erteilen, erklärte Winter. Auch sei zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht absehbar, wann die Prüfung beendet werden könne.

Der Journalist Matthias Schrief hatte für die Münsterländische Volkszeitung mehrfach schon die Ungereimtheiten des „Fähigkeitstransfers“ thematisiert. So zitierte die Zeitung unter anderem den Vorsitzenden der Interessengemeinschaft der Luftfahrzeugbesatzungen der Transport- und Hubschrauberverbände der Bundeswehr (IGTH), Reinhard Schlepphorst, der bereits früh vor der Illusion eines „Hubschraubertauschs zum Nulltarif“ gewarnt hatte. Die Kostenschätzung des Vertreters des Deutschen Bundeswehr-Verbandes liegt der MV zufolge bei „mindestens 250 Millionen Euro“.

Zustimmung des Bundestages war nicht erforderlich

Intensiv recherchiert hat auch Marco Seliger für die Frankfurter Allgemeine Zeitung. In seinem großformatigen Beitrag „Harte Landung“ schreibt Seliger jetzt über den Hubschrauber-Pakt: „Zwei Generale vereinbaren ein riesiges Tauschgeschäft. Ihr Hubschrauber-Deal sollte angeblich nichts kosten.“ Die Realität sehe allerdings völlig anders aus, stellte der Journalist nach seinen Untersuchungen mit Erstaunen fest.

Der „Fähigkeitstransfer“, der im Sommer 2010 von den beiden damaligen Inspekteuren vereinbart worden war, bedurfte keiner Zustimmung des Bundestages. Allerdings informierten die Generalleutnante Freers und Kreuzinger-Janik anscheinend die fachlich zuständigen Parlamentarier, vor allem die Politiker des Verteidigungsausschusses. Auch hierbei wurde offenbar für das Vorhaben mit dem Hinweis geworben, dass durch den Hubschraubertausch keine zusätzlichen Kosten entstünden. Nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen verursacht der „Fähigkeitstransfer“ jedoch „Kosten in dreistelliger Millionenhöhe“. Über das „Warum“ und „Wie“ gibt der lesenswerte Beitrag von Marco Seliger Auskunft.

Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Hellmut Königshaus, hatte übrigens schon vor mehr als drei Jahren den „Fähigkeitstransfer“ kommentiert. Bei seinem Besuch im Februar 2011 in der Theodor-Blank-Kaserne in Rheine-Bentlage hatte er auf die Frage, welchen Sinn die Übergabe der Fähigkeiten der Heeresflieger an die Luftwaffe wohl mache, sibyllinisch geantwortet: „Als Wehrbeauftragter bin ich nicht für die Organisation zuständig. Es ist nicht meine Aufgabe, Unfug zu verhindern, wenn er denn politisch gewollt ist. Indem ich das sage, mache ich wohl deutlich, warum ich hierzu nichts sage.“ So zumindest wird Königshaus von der Münsterländischen Volkszeitung zitiert.


Zu unserem Bildmaterial „SAR-Dienst der Bundeswehr“:
1. Eine Bell UH-1D der Luftwaffe mit Patienten im Juni 2011 auf dem Weg zum Bundeswehrzentralkrankenhaus in Koblenz.
(Foto: Ingo Bicker/PrInfoZ Luftwaffe)

2. Auf der rechten Seite der Bell UH-1D befindet sich eine Rettungswinde.
(Foto: amk)

3. SAR-Rüstsatz mit Patiententrage in der Bell UH-1D.
(Foto: amk)

4. Das Hintergrundbild unserer Infografik zeigt einen Hubschrauber der Luftwaffe im Rettungseinsatz.
(Foto: Stefan Simonsen, Infografik © mediakompakt 08.14)

5. Das zweite Infografik-Hintergrundbild entstand bei einem SAR-Ausbildungsflug im Gebirge.
(Foto: Toni Dahmen/PrInfoZ Luftwaffe, Infografik © mediakompakt 08.14)


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