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Berlin. Am 6. November vergangenen Jahres erfasste, verfolgte und zerstörte MEADS auf der White Sands Missile Range (New Mexiko, USA) zwei aus entgegengesetzten Richtungen gleichzeitig anfliegende Ziele. Damit ist das Medium Extended Air Defense System weltweit das erste Luftverteidigungssystem, dem dieser „Kunstschuss“ gelungen ist. Der doppelte Abfangerfolg auf dem Testgelände war der Höhepunkt einer gut achtjährigen Entwicklungsphase, an deren Ende die große Frage steht: Wie geht es mit MEADS weiter? Lesen Sie dazu unser Interview mit Dr. Reinhard Brandl, Bundestagsabgeordneter der CSU. Der Politiker aus dem Bundeswahlkreis Ingolstadt ist Mitglied des Verteidigungsausschusses (17. Legislaturperiode) und somit mit der MEADS-Thematik bestens vertraut.

Wann ist mit einer parlamentarischen deutschen Grundsatzentscheidung über die Zukunft des MEADS-Projektes zu rechnen. Immerhin hat Deutschland bereits rund 850 Millionen Euro in die Entwicklung des Systems, des dazugehörigen Flugkörpers und in die Anpassung der bestehenden Systeme investiert.
Reinhard Brandl: Die Beschaffung eines zukünftigen Luftverteidigungssystems wird nach dem neuen Customer Product Management, CPM, abgewickelt. Der Generalinspekteur trifft dabei voraussichtlich im Frühjahr 2014 die Auswahlentscheidung. Auf dieser Grundlage wird die Industrie um Angebote gebeten. Ein verhandelter Vertrag könnte bis Ende 2014 vorliegen. Der Bundestag würde dann im ersten Halbjahr 2015 mit dem Thema befasst werden.

Ist es überhaupt noch realistisch, auch an eine MEADS-Serienfertigung zu denken?
Reinhard Brandl: MEADS besteht aus einer Reihe von sehr interessanten Einzelkomponenten, wie dem Feuerleitradar, der Abschussanlage oder der Einsatzzentrale. Dazu kommt die Software mit ihrer offenen Systemarchitektur, mit der auch andere Systeme angebunden werden können. Nach dem Ausstieg der USA kann nicht alles in der ursprünglich vorgesehenen Stückzahl und Konfiguration beschafft werden. Aber ich gehe davon aus, dass wesentliche Elemente des zukünftigen Systems auf MEADS basieren werden.

Ist es möglich, dass Deutschland –vielleicht in enger Zusammenarbeit mit Partnernationen – die Ergebnisse aus dem MEADS-Entwicklungsprogramm zum Aufbau einer zukünftigen Luftverteidigungsarchitektur nutzen kann und wird?
Reinhard Brandl: Deutschland leistet heute schon in der NATO – neben den Niederlanden und den USA – zentrale Beiträge auf dem Gebiet der Luftverteidigung. Die USA haben mehrfach erklärt, ihr Engagement in Europa zurückzufahren. Durch die MEADS-Ergebnisse hat Deutschland sowohl die militärischen als auch die technologischen Kompetenzen, um die entstehende Lücke zu schließen. Ein möglicher Partner dafür könnte, neben Italien, auch Polen sein.

Wenn MEADS nicht für die Bundeswehr beschafft wird und auch keine wie auch immer geartete Weiter- oder Eigenentwicklung auf MEADS-Basis erfolgt, muss dann nicht in letzter Konsequenz das in die Jahre gekommene Patriot-System mit umfangreichen und teuren Maßnahmen am Leben erhalten werden?
Reinhard Brandl: Im Rahmen der Auswahlentscheidung werden alle Optionen untersucht und bewertet. Das ist auch richtig. Ich bin mir aber sicher, dass sich am Ende eine auf MEADS basierende Lösung durchsetzen wird.


Hintergrund                                        

Customer Product Management (CPM) ist eine Verfahrensvorschrift zur Bedarfsermittlung und Bedarfsdeckung in der Bundeswehr. Durch die Straffung der Verfahrensabläufe soll erreicht werden, dass der Bedarf der Truppe in kürzerer Zeit wirtschaftlicher gedeckt wird.
Folgende Überlegungen und Maßnahmen stehen hinter CPM:

  • Verkürzung der Entwicklungs- und Beschaffungszeiten;
  • Straffung des Verwaltungsaufwands und Kürzung der Abstimmungsprozesse;
  • klare Trennung der militärischen und zivilen Verantwortlichkeiten;
  • Bedarfsdeckung auf Grundlage einer Bundeswehr-übergreifenden Fähigkeitsanalyse;
  • Grundsatz der Wirtschaftlichkeit mit Optimierung von Kosten, Leistung und Zeit;
  • Beschaffung vorzugsweise von handelsüblichem oder marktverfügbarem Material;
  • vor der Beschaffungsentscheidung Herstellbarkeitsnachweise zur Risikominimierung.

Unseren Bericht über den erfolgreichen Test in New Mexiko und Hintergründe zum Rüstungsprojekt MEADS finden Sie hier.



Zu unseren beiden Aufnahmen:
1. Testgelände White Sands, US-Bundesstaat New Mexiko: Abschuss eines PAC-3 MSE-Flugkörpers.
(Foto: MEADS International Inc.)

2. CSU-Bundestagsabgeordneter Reinhard Brandl im Deutschen Bundestag.
(Foto: Achim Melde/Lichtblick/DBT)


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