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Manching. Der 11. Dezember 2013 markiert einen Quantensprung bei der Datenübertragung aus der Luft zum Boden. An diesem Mittwoch endete erfolgreich die Testphase des Projekts „DODfast“ („Demonstration of an Optical Data link fast“), bei dem die Echtzeitübertragung großer Datenmengen von einem fast mit Schallgeschwindigkeit fliegenden Tornado-Kampfflugzeug zu einer rund 60 Kilometer entfernten Bodeneinrichtung erprobt wurde. Die übertragene Datenrate während eines unter einer Minute dauernden Vorbeifluges betrug dabei 1,25 Gigabit pro Sekunde. Dies entspricht etwa dem 100-Fachen der bisher bei Luft-Boden-Übertragungen üblichen Datenrate. Laser-Datenübertragungssysteme machen die sofortige Übertragung auch großer Datenmengen – beispielsweise Aufklärungsvideos – möglich …

An der Entwicklung des Gesamtsystems zur schnellen optischen Datenübertragung von Flugträgern zu Bodenstationen auch unter operationellen Gesichtspunkten sind die EADS-Division Cassidian als Auftraggeber, das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und die Firma ViaLight Communications GmbH beteiligt.

Die Flüge zur Erprobung der aeronautischen Laserkommunikation fanden in der Umgebung des Cassidian-Luftfahrtzentrums Manching statt. Als Gegenstation diente die am DLR entwickelte Transportable Optische Bodenstation TOGS (Transportable Optical Ground Station). Sie wurde in der Nähe des Fliegerhorstes Ingolstadt/Manching aufgebaut, von dem aus der Panavia Tornado der Bundeswehr für mehrere Experimentalflüge startete. Der Jet war mit einem etwa 2,5 Meter langen Behälter unter dem Rumpf ausgerüstet. In diesem Pod befand sich die gesamte Hardware für die Erprobungsphase: eine Aufklärungskamera, ein spezielles System für die Bildübertragung sowie das Sendeterminal für die Laserkommunikation. Die Kamera und das Streamingsystem wurden von Cassidian gestellt. Das Sendeterminal (Micro Laser Terminal, MLT/MLT-20) war durch ViaLight Communications in Zusammenarbeit mit dem DLR entwickelt worden.

Kompakter, leistungsfähiger und schwer abzuhören

Bislang nutzen Datenlinks klassische Funksignale, die hoch aufgelöste Bilder beispielsweise oder Rohdaten von luftgestützten Aufklärungssensoren wegen ihrer geringen Bandbreite nur sehr begrenzt in Echtzeit übertragen können. Die neue Laser-Datenlink-Technologie ermöglicht jetzt die Nutzung der immer größeren Leistungsfähigkeit von Sensoren.

Professor Christoph Günther, Direktor des DLR-Instituts für Kommunikation und Navigation, beschrieb gegenüber der Presse den Quantensprung, der nun in der Luft-Boden-Übertragungstechnik gelungen ist: „Moderne Kamerasysteme zur Aufnahme von Luftbildern erzeugen eine große Menge an Daten. Herkömmliche Anlagen basieren auf klassischer Funkübertragung und unterliegen physikalischen und regulatorischen Einschränkungen, welche die Übertragungsraten im praktischen Einsatz stark begrenzen. Sollen die aufgenommenen Bilder schnell zur Auswertung bereitstehen und bereits während des Fluges zu einer Bodenstation übertragen werden, stellt die zur Verfügung stehende Kommunikationsverbindung häufig den Flaschenhals bei der Übertragung dar.“

Laser-Datenübertragungssysteme können wesentlich höhere Datenraten erreichen als eine Mikrowellen-Übertragung. Sie sind außerdem kompakter und leistungsfähiger als klassische Funkgeräte und darüber hinaus nur schwer abzuhören. DLR-Projektleiter Florian Moll nach Abschluss der Testphase des Projekts „DODfast“: „Wir haben bei den Versuchen eine Datenrate von 1,25 Gigabit pro Sekunde erzielt. Dies entspricht etwa der 100-fachen Geschwindigkeit eines Standard-DSL-Anschlusses.“

Ein extrem anspruchsvolles Erprobungsszenario

Die besondere Herausforderung des „DODfast“-Experiments lag darin, die Laserstrahlen zwischen der mobilen Bodenstation TOGS und dem Sendeterminal MLT-20 exakt aufeinander auszurichten. Die TOGS musste dabei mit hoher Präzision die Bewegung des Kampfjets verfolgen, um das Laserlicht auf der winzigen Fotodiode fokussiert zu halten.

Die Ansprüche an das MLT-20 waren sogar noch größer. Es mussten hier nicht nur die schnellen Positionsänderungen des Tornados, sondern auch dessen starke Vibrationen ausgeglichen werden. Ziel- und Ausrichtegenauigkeiten gingen dabei bis in den Bereich eines 1000tel-Grads. Dazu DLR-Experte Moll: „Insgesamt war dies ein extrem anspruchsvolles Szenario. Wir hatten zwar Erfahrung mit solchen Experimenten auf unserem Forschungsflugzeug Do 228, einer Propellermaschine. Aber bei einem Düsenflugzeug mit hoher Fluggeschwindigkeit war die Herausforderung enorm – vor allem durch die Vibrationen an Bord und die atmosphärischen Effekte, die den Laserstrahl beeinflussen. Wir haben aber alle technischen Schwierigkeiten meistern können.“ Bereits beim ersten Tornado-Flug war trotz widriger Wetterbedingungen die Bildübertragung gelungen. Beim zweiten Vorbeiflug und wesentlich besserem Wetter hatte das System dann seine volle Leistungsfähigkeit bewiesen.

Große Datenströme aus unbemannten Flugsystemen

Das unter dem Bundeswehr-Tornado installierte Laserkommunikationssystem besteht aus zwei Einheiten. Außen am Rumpfbehälter befindet sich die Grobausrichte-Einheit; diese wird durch eine kleine Glaskuppel (nicht viel größer als eine Kaffeetasse) geschützt. Hinzu kommt eine Feinausrichte-Einheit im Inneren des Behälters: Eine spezielle Sensorik und ein beweglicher Spiegel sorgen hier dafür, dass die Vibrationen des Flugzeugs ausgeglichen werden und die Ausrichtung des Laserstrahls stabil bleibt.

Zusätzlich wird der Sendelaser auch für das optische Tracking auf der Bodenstationsseite, also für die automatische Verfolgung des Flugzeugs, eingesetzt. Hier leitet das Teleskop das empfangene Laserlicht auf Datenempfänger und Trackingsensor, welcher für die hochgenaue Bestimmung der Flugzeugposition und die Nachführung des Teleskops verwendet wird.

Es fehlt nicht mehr viel, um die Lasertechnik in der aeronautischen Kommunikation einzusetzen. Entwickler Joachim Horwath von ViaLight Communications äußerte sich gegenüber der Presse über das Micro Laser Terminal: „Der Außenanbau ist auf ein Minimum reduziert und dementsprechend klein. Die gesamte Sensorik und Steuerungseinheit befindet sich in einem kleinen, integrierten Gehäuse. Da ist sogar noch Potenzial zur Verkleinerung drin.“

Markus Knapek, der Gründer und Geschäftsführer von ViaLight, ergänzte: „Das Sendeterminal MLT-20 ist die dritte Generation der Laserterminals, die von uns in Zusammenarbeit mit dem DLR entwickelt wurde. Das System ist völlig ausgereift. Der Link war während der gesamten Testphase sehr stabil, obwohl die Bedingungen – wie bereits geschildert – hart waren. In den nächsten Jahren werden wir in der Kommunikation zwischen unbemannten Flugsystemen und Bodeneinrichtungen einen wahren Technologieschub erleben. Die Lasertechnologie wird es möglich machen, den sogenannten Flaschenhalseffekt zu überwinden und über lange Strecken große Datenströme zur Bodenstation weiterzuleiten.“


Zu unserem Bildangebot:
1. Das Kampfflugzeug Tornado der Bundeswehr kurz nach dem Start vom Fliegerhorst Ingolstadt/Manching. Am weißen Pod unter dem Rumpf ist deutlich die kleine Glaskuppel zu sehen, die Außeneinheit des Sendeterminals für die Laserkommunikation.
(Foto: Cassidian)

2. Die Transportable Optische Bodenstation TOGS des DLR-Instituts für Kommunikation und Navigation. Die TOGS ist im Transportformat eine 2,1 Meter lange und 1,4 Meter breite Box, die am Einsatzort innerhalb weniger Minuten betriebsbereit ist. Der Körper der Station besteht aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff. Herzstück ist das Aluminiumteleskop mit einem Durchmesser von 60 Zentimetern.
(Foto: DLR)

3. Teleskop der mobilen Bodenstation TOGS, optimiert für Verbindungen mit Flugzeugen und Satelliten.
(Foto: DLR)

4. Der Laser-Link über TOGS soll künftig auch im Rahmen des DLR-Projekts „VABENE“ („Verkehrsmanagement bei Großereignissen und Katastrophen“) genutzt werden. Im Juni 2013 überflog dazu das Forschungsflugzeug Do 228-212 die Hochwassergebiete in Deutschland und lieferte den Einsatzkräften hoch aufgelöste Luftbilder. Eines dieser übertragenen Bilder zeigt die überflutete Region Deggendorf im Bereich des Autobahnkreuzes A92/A3.
(Foto: DLR)


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