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München/Köln-Wahn. „Zeit für Veränderungen – Chancen erkennen und nutzen“: unter diesem Motto veröffentlichte im Juli 2010 der Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV) seine Kernthesen zum Thema „Industrielle Kompetenz in den Bereichen Sicherheit und Verteidigung in Deutschland“. Es bedürfe innovativer Ansätze bei Beschaffung und Finanzierung der Ausstattung für die Bundeswehr, um den Herausforderungen – bedingt durch die Begrenzung der Haushaltsmittel einerseits und den weltweiten Einsatzanforderungen unserer Streitkräfte andererseits – gerecht zu werden, so der BDSV.

Zu den innovativen Ansätzen für Beschaffung und Finanzierung gehört nach Ansicht der Interessenvertretung die „permanente, intensive Zusammenarbeit zwischen Bundeswehr und der Ausrüstungsindustrie über den gesamten Lebenszyklus“ eines Systems hinweg. Der BDSV empfiehlt in seinem Thesenpapier an dieser Stelle den Ausbau kooperativer Modelle zwischen Bundeswehr und Industrie sowie die Weiterentwicklung langfristiger Partnerschaften in der Systembetreuung.

Kosten, Zeit und Ressourcen sparen

Der Triebwerkshersteller MTU Aero Engines hat im Jahr 2002 erstmals neue Wege in der Zusammenarbeit mit der Bundeswehr beschritten: Um die gemeinsame Betreuung des Eurofighter-Antriebs EJ200 zu optimieren, wurde damals das erste von etlichen Kooperativen Modellen entwickelt, die es heute zwischen Industrie und Militär gibt. Das Kooperative Modell „EJ200“ spart Kosten, Zeit und Ressourcen und sichert der Bundeswehr zudem entsprechendes technisches Know-how. Ausgedehnt worden war das Modell später noch auf andere zu betreuende Triebwerke – auf das Einwellen-Strahltriebwerk J79 (zuletzt in der F-4 Phantom II der deutschen Luftwaffe), das Dreiwellen-Zweistromtriebwerk RB199 (Tornado), das Rolls-Royce-Zweiwellentriebwerk RR250-C20 (Militärhubschrauber BO105) und auf das Wellenleistungstriebwerk MTR390 (Unterstützungshubschrauber Tiger).

Das zehnjährige Jubiläum ihrer erfolgreichen Zusammenarbeit feierten im November vergangenen Jahres in München Vertreter der Bundeswehr, der Behörden und des Systempartners MTU, der für fast alle Luftfahrtantriebe der deutschen Streitkräfte verantwortlich ist.

Blaupause für etliche erfolgreiche Kooperationen

Generalmajor Günter May, seit 1. Oktober 2006 Kommandeur des in Köln-Wahn beheimateten Waffensystemkommandos der Luftwaffe, sagte bei der Feierstunde: „Zehn Jahre kontinuierliches Umsetzen und Leben einer Idee in stabilen Strukturen, die auch vor dem Hintergrund der umfassenden Reform der Bundeswehr und der Neuausrichtung der Streitkräfte Bestand hat, ist ein Erfolg, auf den beide Seiten gleichermaßen stolz sein können.“ MTU-Technikvorstand Rainer Martens erinnerte sich an das Jahr 2002, in dem das erste Kooperative Modell beschlossen wurde: „Damals konnte niemand wissen, wohin uns der gemeinsame Weg führt; heute ist ganz klar, dass die Kooperation nicht nur ausgezeichnet funktioniert, sondern auch Pate stand für andere industrielle Kooperationen.“ May ergänzte: „Waren es anfänglich vier Kooperationsmodelle, so sind es mittlerweile acht Kooperationen mit fünf deutschen Unternehmen – fast 380 Soldaten unserer Luftwaffe arbeiten heute in diesen fünf Betrieben.“

Bei MTU Aero Engines sind es derzeit etwa 70 Bundeswehrangehörige, die zusammen mit rund 150 MTU-Werksangehörigen die Triebwerke EJ200, RB199, RR250-C20 und MTR390 betreuen. Die Arbeiten finden in München und im Betriebsteil im Fliegerhorst Erding statt. Die MTU war 2006 das erste Unternehmen, das eine Instandsetzungslinie innerhalb einer Bundeswehrliegenschaft eingerichtet hat.

Gleichberechtigte Partner und ein Ziel

Grundlagen für die Zusammenarbeit mit der Industrie sind das 1998 gebilligte Rahmenkonzept „Bundeswehrlogistik – Aufteilung zwischen Bundeswehr und Industrie“ und der 1999 formulierte „Rahmenvertrag über Innovation, Investition und Wirtschaftlichkeit in der Bundeswehr“. Auf dieser Bundeswehr-Konzeption bauen beispielsweise im Bereich der Luftwaffe weitere Basisdokumente auf, die die zentralen Vorgaben für die Planung und Gestaltung der Einsatzlogistik der Teilstreitkraft darstellen.

In einem Fachbeitrag aus dem Führungsstab der Luftwaffe wurde das Kooperative Modell einmal folgendermaßen beschrieben: „Unter ,Kooperativen Modellen‘ wird die gemeinsame Waffensystembetreuung von Luftwaffe und Industrie in einer Einrichtung verstanden. Beide gleichberechtigten Partner verfolgen das Ziel, die operativen Unterstützungserfordernisse der Luftwaffe einerseits und die industriellen Interessen andererseits ausgewogen über den Lebenszyklus eines Waffensystems in lebensfähigen und wirtschaftlichen Strukturen sicherzustellen.“

In den Kooperativen Modellen gibt es eine klare organisatorische Trennung des militärischen vom industriellen Bereich; die Soldaten bleiben Teil eines militärischen Organisationselements und stehen – dies ist vertraglich so vereinbart – für die Unterstützung von Einsatzkräften auch bei Übungen jederzeit, auch kurzfristig, zur Verfügung. „Die Kooperativen Modelle sind kein Outsourcing von Leistungen im ursprünglichen Sinn, sondern zielen auf die gesicherte Einsatzfähigkeit bei gleichzeitigem Erhalt der militärischen Kernfähigkeiten“, heißt es in dem Luftwaffenbeitrag weiter. Über die strategische Partnerschaft zwischen Industrie und Militär ist abschließend zu lesen: Eine „strategische Partnerschaft setzt das Verständnis und die Achtung der gegenseitigen Interessen und die beiderseitige Bereitschaft zum Kompromiss voraus. Strategische Partnerschaft wird nur dann funktionieren, wenn für die Partner eine Win-win-Situation erzielt werden kann. Dies bedeutet für die Luftwaffe eine bessere beziehungsweise gleiche Leistungserbringung bei gleichem beziehungsweise geringerem Aufwand sowie für den industriellen Partner eine langfristige Beauftragung und planbare Auslastung seiner Kapazitäten, die ihm ein weiteres Engagement auch unter Gesichtspunkten der Wirtschaftlichkeit ermöglichen. Voraussetzung für das Erreichen dieser Ziele ist Transparenz, gegenseitiges Vertrauen und das Verständnis für die jeweiligen Interessen.“

Geänderte Rahmenbedingungen, neue Herausforderungen

Die Partnerschaft zwischen Motoren- und Turbinen-Union und der Bundeswehr besteht seit Mitte der 1950er-Jahre. In die Zukunft blicken die strategischen Partner zuversichtlich. Generalmajor May: „Die Zeit wird nicht stehen bleiben, wir werden uns auch zukünftig geänderten Rahmenbedingungen anpassen müssen. In den vergangenen zehn Jahren sind wir wirkliche Partner geworden – nicht nur im Handeln sondern auch im Denken. Dies gibt mir die Zuversicht, auch künftig die Herausforderungen von Betrieb und Einsatz meistern zu können, an der Seite eines verlässlichen, leistungsfähigen und vertrauenswürdigen Partners, der Firma MTU.“


Das Pressebild symbolisiert
die Umsetzung des Kooperativen Modells und zeigt einen Bundeswehrtechniker gemeinsam mit einem Mitarbeiter von MTU Aero Engines in München am EJ200-Triebwerk.
(Foto: MTU)


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